Eine gute Nachricht für Straβburg

Das Europäische Parlament mietet für die kommenden Jahrzehnte das bislang weitgehend ungenutzte Parlamentsgebäude „Osmose“ in Straβburg.

Langfristiger Mietvertrag mit dem Europâischen Parlament, flotte neue Buslinie, alles im grünen Bereich.... Foto: Kevin B / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Was für die Europahauptstadt Straβburg eine gute Nachricht ist, ärgert heute die „Alles-in-den-korrupten-Brüsseler-Sumpf-Fraktion“, also diejenigen, die am liebsten das ganze politische Europa in den Rachen der Brüsseler Lobbyisten werfen würden. Nun hat die Haushalts-Kommission des Europäischen Parlaments entschieden (26 Stimmen dafür, 11 dagegen und 3 Enthaltungen), das neue Parlamentsgebäude „Osmose“ für die kommenden Jahrzehnte zu mieten. Nachdem der ursprüngliche Plan, das Gebäude zu kaufen, gescheitert war, wird es eben nun ein langfristiger Mietvertrag, den das Parlament mit dem französischen Staat für eine Jahresmiete von kolportierten 700.000 € abschlieβt. Für diejenigen, die bereits das Ende des Parlamentsstandorts Straβburg prognostiziert hatten, ist das ein Schlag ins Kontor, aber für diejenigen, die Straβburg weiter in einer europäischen Rolle sehen wollen, ist das eine gute Nachricht.

In der Tat, diese Entscheidung stärkt den Parlamentsstandort Straβburg deutlich und das ist gerade jetzt wichtig, wo man merkt, dass Brüssel nicht nur die Hauptstadt Belgiens, sondern auch der Korruption in den europäischen Institutionen ist. Das bedeutet zwar nicht, dass die Korruption einen groβen Bogen um Straβburg herum macht, doch ist es erfreulich, dass man die europäische Demokratie nicht direkt mit einem hübschen Geschenkpapier den Brüsseler Lobbyisten schenkt.

So erfreulich diese Entscheidung für Straβburg ist, die darauf folgenden Kommentare sind gleich wieder ärgerlich. So erklärte die Straβburger Bürgermeisterin Jeanne Barseghian, „dass diese institutionelle Verankerung nicht nur die wirtschaftliche Dynamik Straβburgs und der Eurometropole stärkt, sondern auch die demokratische Entwicklung und die Beteiligung der Zivilgesellschaft fördern wird“. Und da sind wir wieder im üblichen Politiker-Bla-Bla, diesen Satzhülsen, bei denen sich jeder Bürger und jede Bürgerin fragt, für wie dämlich die Politik die Zivilgesellschaft eigentlich hält. Dass die Verankerung des Europäischen Parlaments gut für die Wirtschaft des Groβraums Straβburg ist, das ist klar. Doch in welchem Zustand die EU gerade ist und dass es so etwas wie eine „Beteiligung der Zivilgesellschaft“ noch nie gegeben hat und wahrscheinlich auch nie geben wird, das ist den Menschen auch klar und da wäre es nett, würde uns die Politik diese geheuchelten Phrasen ersparen. Klar, angesichts des Versagens der Politik auf allen Ebenen wäre es für die Politik hilfreich, könnte sie einen Teil der Verantwortung auf die Zivilgesellschaft abschieben, doch das wird nicht funktionieren.

Ein schönes Beispiel für die Implikation der Zivilgesellschaft war beispielsweise die „Konferenz zur Zukunft Europas“ – schauen Sie ruhige einmal auf der Internet-Site dieser Konferenz nach, wie viele der 2021 vorgeschlagenen 326 spezifischen Maβnahmen und 49 Vorschläge umgesetzt worden sind… Seien wir ehrlich – die Welt der Politik wird sich auch weiterhin mit Händen und Füssen gegen eine echte Bürgerbeteiligung sträuben, weswegen solche Kommunikationen geradezu beleidigend für die Bürgerinnen und Bürger sind.

Aber gut – jetzt ist das Europäische Parlament fester in Straβburg verankert. Doch das entbindet die verantwortlichen Akteure nicht von der Aufgabe, endlich auch in Straβburg eine proaktive Europapolitik zu führen, die sich nicht auf gelegentliche Empfänge und Büffets zwischen den Ewiggleichen beschränken darf. Aber immerhin, mit der „Osmose-Entscheidung“ entfernt sich Europa ein kleines Stückchen vom Brüsseler Korruptions-Sumpf und das ist tatsächlich eine gute Nachricht.

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