Embedded (69)

Die Gerüchteküche brodelt. Laut Pariser Quellen beabsichtigt die französische Regierung, Restaurants, Cafés und Bars bis Januar, vielleicht sogar bis zum 15. Februar geschlossen zu lassen.

An diesen Anblick wird man sich wohl gewöhnen müssen - da geht auch ein Stück Lebensart verloren. Foto: Mikani / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Tag 69. Ausgangssperre. Oh Mann. Wohin soll das alles noch führen? Die aktuellen Krisen, sanitärer, wirtschaftlicher und politischer Art, werden jenseits aller Transparenz gemanagt, falls man das Gestümper „Management“ nennen kann. Da aber zwischen den beiden Wellen nicht viel unternommen wurde, um die aktuelle zweite Welle tatsächlich zu managen, versteht man, dass hier in Frankreich alle sauer sind. Das Gefühl, seit fast einem Jahr für dumm verkauft zu werden, hat das Vertrauen in diese Regierung nicht unbedingt gestärkt. Und jetzt geht es den ohnehin schon gebeutelten Gastronomen an den Kragen.

Die Nachricht lief gestern durch die sozialen Netzwerke, befeuert von einer Meldung des „Le Point“, der aus Regierungskreisen erfahren haben will, dass die Restaurants, Cafés und Bars bis mindestens Januar, vielleicht bis Februar, aber auf jeden Fall über die Feiertag zum Jahresende geschlossen bleiben werden. Wie die Gastronomie das überleben soll, steht in den Sternen. Ganz zu schweigen vom Bereich der Diskotheken, die mindestens bis April geschlossen bleiben müssen – das französische Nachtleben wird in absehbarer Zeit eine ziemlich traurige Angelegenheit werden.

Warum wundert es niemanden, dass solche Gerüchte durchs Land laufen? Das Gefühl, dass die Regierung jenseits des erforderlichen Dialogs mit den betroffenen Berufsständen einsame Entscheidungen trifft, die das Leben von Hunderttausenden Menschen nachhaltig beeinflusst, stimmt leider. Doch wie wird Frankreich am Ende dieser Krisen aussehen? Der „Secours catholique“, eine karitative Organisation, schätzt, dass bis Ende des Jahres 10 Millionen Menschen in Frankreich unterhalb der Armutsgrenze leben werden. 10 Millionen von 60 Millionen Einwohnern. Man kann bereits jetzt damit beginnen zu zählen, wie viele Menschen aus dem Bereich der Gastronomie das Heer der Armen verstärken werden.

Nur – es ist ein gefährliches Spiel, das die Regierung da treibt. Dass sich Probleme nicht von selber lösen, müsste man in Paris eigentlich spätestens seit der „Gelbwesten“-Krise verstanden haben. Auch hier sollte man sich nicht täuschen – nur, weil die im Moment nicht demonstrieren dürfen, bedeutet das noch lange nicht, dass diese sozialen Konflikte ausgestanden wären. Gleiches gilt für die geplante Rentenreform, die kurz vor dem ersten „Lockdown“ ebenfalls Hunderttausende zu Protesten auf die Straße getrieben hatte. Doch gibt es nur zwei Handlungsstränge, die diese Regierung zur Anwendung bringt – Aussitzen oder Repression mit quasi-militärischen Mitteln. An dieser Stelle wollen wir uns den Vergleich verkneifen, in welchen anderen Ländern man mit den gleichen Strategien arbeitet…

Die Krise wütet überall. Doch in Frankreich schafft man es gerade, diese Krise noch deutlich zu verschlimmern. Wie schön, dass wenigstens die Regierung mit ihrer Arbeit zufrieden ist. Doch selbst die Jubel-Pressekonferenzen, auf denen sich die Minister gegenseitig bescheinigen, welch tollen Job sie doch alle machen, klingen inzwischen mehr als unglaubwürdig. Frankreich macht sich auf einen langen, kargen Winter gefasst, an dessen Ende es ein böses Erwachen geben wird. Tag 69, Ausgangssperre. Freude kommt gerade keine auf.

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