Europawahl: Nicht alle Franzosen sind Faschisten

Die Sängerin „Parisienne Libérée“ hat das Wahlergebnis des rechtsextremen Front National kommentiert wie kein anderer. Und dabei ein Thema angeschnitten, das in Frankreich tabu ist.

"La Parisienne Libérée" entschuldigt sich bei Europa dafür, ihr "diese Typen" geschickt zu haben. Foto: www.laparisienneliberee.com

(KL) – Die Sängerin „Parisienne Libérée“ hat eindrucksvoll gezeigt, dass Kunst auch eine politische Verantwortung hat. Nach dem Wahlergebnis des Front National in Frankreich wandte sie sich über YouTube an ihre europäischen Mitbürger. „Not all French are fascists“ singt sie, nachdem der Song mit „Europa, kannst du mich hören? Ich muss mich entschuldigen, es tut mir mehr als leid, dir diese Typen zu schicken…“ beginnt. Sensationell. Groß. Das erste, was man nach dieser Wahl aus Frankreich hört und was darauf hindeutet, dass nicht das ganze Land wie besoffen seiner neuen Marine d’Arc hinterher taumelt. Diesen Song sollte man sich wirklich einmal anhören und vor allem anschauen – HIER KLICKEN!

Mit dem Videomaterial sagt die „Parisienne Libérée“ mehr als 1000 Worte, denn sie zeigen etwas, was man bis heute in Frankreich kaum diskutieren kann. Begeisterte französische Kollaborationstruppen, Paris, das dem General Pétain zujubelt, Menschenmassen, die dem faschistischen Drill erliegen. Bilder aus Frankreich, die den damaligen Bildern aus Deutschland ähneln. Die „Parisienne Libérée“ zeigt mit diesen Bildern, wie leicht Menschen, ja, auch Franzosen, dem Massenphänomen des Faschismus verfallen können. Und dass es Franzosen gibt und gab, die diesem Phänomen bereits einmal erlegen sind. Auch, wenn hinterher jeder behauptete, aktiv im Widerstand gewesen zu sein.

„Mit 25 Prozent und 24 Abgeordneten ist das kein Unfall mehr, sondern eine fortgeschrittene Krankheit“, singt die „Parisienne Libérée“ und ist damit die erste Stimme aus Frankreich, die vor der weiteren Entwicklung warnt, statt nur versucht zu beschwichtigen. Dass sie sich dann entschuldigt, das ist richtig süß, vor allem weil sie nun wirklich nichts dafür kann, was ihre Landsleute da in die Urnen geworfen haben.

Ermutigend und gleichzeitig eine deutliche Warnung – der Refrain des Songs lautet: „Aber nicht alle Franzosen sind Faschisten, nicht alle Franzosen sind Rassisten, tut mir leid, wenn ich insistiere, nicht alle Franzosen sind Faschisten. Wenigstens bis jetzt noch nicht.“ Dann wäre ja jetzt auch der richtige Zeitpunkt gekommen, dass die Franzosen verstehen, was sie sich da eingebrockt haben und entsprechend reagieren.

Doch auch die anderen politischen Parteien bekommen bei „Parisienne Libérée“ ihr Fett weg. „Unsere konservative Partei hat sich in Korruption verloren, die Priorität ihrer Führer ist es, das Gefängnis zu vermeiden“ und auch François Hollande bekommt etwas zu hören: “Unser Champagner-Sozialist, der Verräter-Präsident und frühere Humorist, ist jetzt dekadent… [...] und nur noch eine Marionette.“

Dann kommt ein bewegender Aufruf an Europa: „Europa, weißt du, vielleicht solltest du die Richtung ändern, denn Austerität ist nicht die Lösung. Nimm das nicht auf die leichte Schulter, pass auf, was du tust, nicht nur mein Land leidet, sondern andere auch.“

„Parisienne Libérée“ sollte für diesen Song und dieses Video alle Musikpreise abräumen und noch viel mehr. Gestern erhielt Herrmann van Rompuy (falls sie den nicht kennen sollten, der Mann ist nicht etwa Buchhalter, sondern Präsident des Europäischen Rats) den Karlspreis der Stadt Aachen für „seine Verdienste um die europäische Einigung“. Lächerlich. „Parisienne Libérée“ hätte diesen Preis verdient gehabt.

Sie finden den kompletten Songtext auf Englisch und Französisch, wenn Sie HIER KLICKEN!

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