Frankreich ist eben im Wahlkampf…

Am 12. und 19. Juni wird in Frankreich das Parlament neu gewählt. Ein passender Moment für die Regierung, Wahlkampfgeschenke zu verteilen, um noch ein paar Stimmen einzusammeln...

Zum Auftakt des Wahlkampfs zu den Parlamentswahlen verteilt die Regierung noch schnell ein paar "Geschenke"... Foto: geschenkhamster.de / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Wie in anderen Ländern auch, ändern sich ein paar Dinge zum 1. Mai in Frankreich. Diese lassen sich prächtig unter der Überschrift „Wahlkampfgeschenke“ zusammenfassen. Denn der nun beginnende Wahlkampf kündigt sich derart knapp und auch chaotisch an, dass man auch in der Regierungspartei „La République en Marche“ (LREM) um jede Stimme kämpft, denn es zeichnet sich ab, dass die Kandidaten und Kandidatinnen der Präsidentenpartei die Quittung für die letzten 5 Jahre der selbstherrlichen Alleinherrschaft von Emmanuel Macron erhalten werden.

Eine geradezu unzeitgemäße Entscheidung ist die leichte Senkung des Preises für Tabakprodukte. Seit Jahren wird der Preis für Glimmstengel und Tabak ständig erhöht, das Paket Zigaretten (20 Stück) liegt bei den meisten Marken bei rund 10,20 €. Dieser Preis wird nun, zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit und rechtzeitig zum Wahlkampf, für etliche Marken um 10 oder 20 Cent gesenkt. Einige Marken behalten allerdings ihre Preise auch bei, doch zielt diese Maßnahme klar auf die rauchende Wählerschaft ab. Da interessiert es auch nicht sonderlich, dass der hohe Zigarettenpreis unter anderem junge Menschen vom Rauchen abhalten soll und dass die Preisgestaltung für Tabak in Frankreich eigentlich prohibitiv sein will. Doch die Volksgesundheit kann jetzt auch bis nach den Wahlen warten…

Dazu wird, wie überraschend zu diesem Zeitpunkt, auch der Mindestlohn (SMIC) erhöht, und zwar um 2,65 %, was monatlich 34 € netto entspricht. Der Mindestlohn für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, deren Stimmen man ja auch haben möchte, steigt sogar um monatlich 42 €. Und da ja auch Sozialhilfeempfänger wählen dürfen, werden auch deren Bezüge um 1,8 % erhöht. Wenn die Wahlen vorbei sind, kann man die Bezüge ja auch wieder so senken wie 2017, als die ersten Maßnahme der damals frisch gewählten Regierung darin bestand, das Wohngeld für die Ärmsten der Armen um 5 € im Monat zu kürzen…

Und sogar an ein anderes Wahlversprechen aus dem Jahr 2017 erinnerte sich die Regierungspartei LREM, nämlich dass sich die Abgeordneten dieser Partei vorbildlich verhalten wollten. Nach einer schier endlosen Serie von Skandalen in der Regierungsmannschaft wurde nun die LREM-Abgeordnete Coralie Dubost aus dem Departement Herault zum Bauernopfer. Die Dame hatte auf Staatskosten Festessen bezahlt, sexy Unterwäsche gekauft (mit dem seltsamen Argument, dass sie sich im beruflichen Kontext als Politikerin „anders kleiden“ müsse als privat, als ob eine Politikerin bei offiziellen Anlässen sexy Unterwäsche zur Schau stellen würde…). Coralie Dubost hatte es dann doch etwas übertrieben und erklärte nun am Wochenende ihren Rückzug aus der Politik.

Allerdings war dieser „Rückzug“ wohl nicht so richtig freiwillig, da Präsident Macron ja angekündigt hatte, sämtliche Kandidaten und Kandidatinnen für die Parlamentswahlen höchstpersönlich und freihändig vorzunehmen. Immerhin, seine Ankündigung am Wahlabend, sich künftig demokratischer verhalten zu wollen, hatte 48 Stunden gehalten. Unter den gegebenen Umständen war klar, dass Macron diese Abgeordnete nicht wieder zur Kandidatin bestimmen würde, und Coralie Dubost kam mit ihrem „Rückzug“ lediglich ihrem Rauswurf zuvor.

Ob sich die Franzosen mit diesen kleinen Wahlgeschenken „bestechen“ lassen werden, ist allerdings fraglich. Denn es ist offensichtlich, dass diese Wahlgeschenke nicht etwa ein Ausdruck des Strebens nach mehr sozialer Gerechtigkeit sind, sondern lediglich ein Versuch, Stimmen für die Regierungspartei mit Steuergeldern zu kaufen. Das Ganze ist so offensichtlich, dass de Gefahr besteht, dass die Franzosen merken, dass sich diese Regierung ein weiteres Mal über sie lustig macht.

Nur wenige Tage nach den emotional vorgetragenen Versprechen, dass nun alles anders, besser und wohlwollender würde, erkennt man in Frankreich, dass sich nichts geändert hat. Und dieser Umstand wird, Wahlgeschenke hin, Wahlgeschenke her, die Chancen der Präsidentenpartei im Juni nicht steigern, sondern im Gegenteil, den Kandidatinnen und Kandidaten der Macron-Partei das Leben weiter schwer machen. Das Erwachen der „Macronie“ im Juni könnte sich nach einem schweren Kater anfühlen.

2 Kommentare zu Frankreich ist eben im Wahlkampf…

  1. Sie rechnen falsch. Kippen um 30 Cent billiger und dann den SMIC noch rauf. Das macht ein paar Päckchen mehr.

    Anders gesehen, brauchen wir wirklich Regierungen, die eine prohibitive Politik machen? Wir sind doch alle erwachsen. Und ja, was die Kandidaten angeht, wie kan man aber auch nur so penibel sein.

    In diesem Sinne also ein hoffentlich freudiges Ergebnis. Lassen Sie sich eigentlich aufstellen?

    • Jahrelang macht man das genaue Gegenteil – Sozialleistungen werden beschnitten, Zigarettenpreise werden erhöht und nun, ganz kurz vor den Wahlen, ist man plötzlich generös. Schon seltsam. Und genau darauf weist der Artikel hin. Und nein, unser Job ist es nicht, uns als Kandidaten für irgendwas aufstellen zu lassen, sondern Bericht zu erstatten. Und zuweilen zu erklären, was hinter einer Nachricht steckt. Und wenn wir damit Diskussionen auslösen, gerne auch kontrovers, dann haben wir unseren Job richtig gemacht…

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