Frankreich: Vierte Kabinettumbildung der Ära Hollande

Arnaud Montebourg und Benoît Hamon haben sich am Wochenende mit ihrer Kritik am Kurs von François Hollande in die Nesseln gesetzt. Eine Regierungsumbildung steht an.

François Hollande is not amused. So langsam gehen ihm Führungskräfte und Argumente aus. Foto: © Kai Littmann

(KL) – Die Nachricht klang gestern dramatischer als sie wirklich war. „Die französische Regierung ist zurückgetreten“, tickerte es gestern Morgen über die Newsleitungen. Technisch gesehen stimmte das zwar, denn in der Tat präsentierte Premierminister Manuel Valls um 9:30 Uhr die Demission seines Kabinetts. Doch um 9:32 Uhr hatte François Hollande seinen Premierminister bereits mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Diese soll schon am heutigen Dienstag präsentiert werden. Dabei scheint nur klar zu sein, dass die beiden „Dissidenten“, Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg und Bildungsminister Benoît Hamon, aus dem Kabinett ausscheiden müssen und vielleicht wird Premierminister Valls die Gelegenheit nutzen, noch den einen oder anderen unliebsamen Minister abzusägen.

Was auf den ersten Blick nach Entschlossenheit und Führungsstärke aussieht, ist in Wirklichkeit das genaue Gegenteil. Immerhin ist dies bereits die vierte Regierungsumbildung in nur zwei Jahren (Ayrault I, Ayrault II, Valls I und nun Valls II). Es sieht ganz so aus, als hätten Präsident und Premierminister trotz intensiver Bemühungen immer noch nicht das richtige Team beieinander. Und das vor einer so schwierigen „rentrée politique“, in der es in Frankreich nicht nur um die aktuelle Situation (alles andere als rosig), sondern auch um die grundsätzliche Ausrichtung der französischen Politik geht (Gebietsreform, Arbeitslosigkeit etc.). Da ist die dünnhäutige Reaktion auf die provokanten Thesen eines Arnaud Montebourg eher als Nervosität und Schwäche zu werten.

Für einen der aktuellen Führer der konservativen Opposition, François Fillon, „illustriert der Rücktritt der Regierung die Verzweiflung des Präsidenten angesichts der Konsequenzen seines Nicht-Handelns“, wie der frühere Premierminister sagte. Klar, dass sich die Konservativen jetzt die Hände reiben, zumal auch nicht klar ist, was genau die neue Regierung besser machen soll als die alte. Alles? Oder nichts, dafür aber mit mehr Parteidisziplin?

So sehr man die Positionen eines Arnaud Montebourg kritisieren kann (was auch Eurojournalist(e) gestern tat), so sehr ist die Reaktion der französischen Politik überzogen und verfehlt. In einer demokratischen Partei muss es möglich sein, Positionen und Gedanken jenseits des Mainstreams zu beziehen und diese zumindest zu diskutieren. Aber wenn es um die Wirtschaftspolitik der französischen Regierung geht, scheint der Spaß schnell vorbei zu sein.

Doch wo bleibt die Demokratie, wenn abweichende Meinungen zum sofortigen Rauswurf führen? Gerüchten zufolge soll Valls dem französischen Präsidenten sein Rücktrittsschreiben mit den Worten „er oder ich“ präsentiert haben, wobei „er“ Montebourg ist und „ich“ Manuel Valls. Hollande brauchte nur 120 Sekunden, um sich zu entscheiden. Hätte Montebourg am Wochenende geschwiegen, wäre er wohl heute noch Minister.

Doch langsam, aber sicher, gehen Francois Hollande und seinem Premier die Argumente und auch die politischen Fachkräfte aus. Nach der vierten Kabinettsumbildung in zwei Jahren kann sich nun auch niemand mehr damit herausreden, dass die Zusammensetzung des Kabinetts nicht stimmt, denn für die sind ausschließlich Hollande und Valls verantwortlich. Und wenn man nach zwei Jahren immer noch nicht das richtige Team zusammen hat, dann kann passieren, was auch im Sport in solchen Fällen passiert. Erst wird der Trainer gefeuert und dann steigt man eben ab und genau dieses Schicksal dürfte die PS im Jahr 2017 erwarten, es sei denn, dass nun eine sensationelle Trendwende stattfindet. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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