„Frieden“ ist schon fast zum Schimpfwort geworden

Nach der neuen Friedensinitiative von Peter Brandt, einem der Söhne des großen Willy Brandt, schlagen die Wellen wieder hoch. Ganz vorne an der Propaganda-Front – Andreij Melnyk. Wie immer.

Das Genfer Friedensdenkmal von R. Brandenberg dürfte Andreij Melnyk nicht so richtig gefallen. Foto: Ludovic Courtès / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Wer heutzutage das Wort „Frieden“ in den Mund nimmt, ist schon verdächtig, ein „Putin-Freund“ zu sein, eine Art „5. Kolonne“ und auf jeden Fall verachtungswürdig. Denn „Frieden“ ist ein Wort, das heute sowohl in Russland wie der Ukraine so wirkt wie Sonnenstrahlen auf einen Vampir im Morgengrauen. „Sie sollen sich zum Teufel scheren“, pöbelte Melnyk aus Kiev in Richtung derjenigen, die es wagen, sich erneut mit dem Thema „Frieden“ zu beschäftigen, statt blind dem völlig realitätsfernen „12-Punkte-Plan zur Rückeroberung der Krim“ Beifall zu klatschen.

Der Westen, der momentan diesen Krieg für alle Kriegsparteien finanziert, dafür auch seine eigenen Sanktionen umgeht und als Strategie nur noch das Scheckbuch und Waffenlieferungen kennt, sollte sich in diesem Krieg anders engagieren. So ist die neue Friedensinitiative von Peter Brandt, unterzeichnet von vielen ehemaligen und aktuellen SPD-Oberen, Künstlern, Kirchenmenschen und anderen, durchaus interessant, denn diese Initiative fordert diplomatische Anstrengungen in Richtung von Drittländern, die einen Einfluss auf Russland haben können. Ob eine solche Initiative zur politischen und wirtschaftlichen Isolation Russlands Erfolg haben kann, steht in den Sternen. Doch nicht zu vesuchen, diesen Krieg und das tägliche Töten zu beenden, ist verbrecherisch.

Dass sich die Ukraine gerade in ihren eigenen Erzählungen verrennt, erkennt man am „12-Punkte-Plan zur Rückeroberung der Krim“, einem reinen Produkt des Wunschdenkens, das keinerlei Aussicht auf Umsetzung hat, denn bevor dieser Plan greifen könnte, tobt in der Ukraine und anderswo bereits eine nukleare Schlacht.

Der Westen, der das Ganze ja finanziert, sollte seine Zahlungen und Waffenlieferungen an mehrere Bedingungen knüpfen, die Herrn Melnyk sicher sicher wieder die Zornesröte ins Gesicht treiben würden. Zahlungen und Waffenlieferungen sollten davon abhängig gemacht werden, dass die Verwendung der Gelder und der Waffen unabhängig kontrolliert wird, und zwar von einer Organisation, die weder unter Kontrolle von Frau von der Leyen, aber auch nicht unter der Melnyks steht. Milliarden sind in der hochkorrupten Ukraine im Nirvana verschwunden, Waffen aus westlichen Lieferungen sind inzwischen bei mafiösen Strukturen im Kosovo und in Finnland aufgetaucht und ganz offensichtlich verdienen sich überall dort Menschen eine goldene Nase, wo diese Milliarden entlang laufen. Gegen eine solche Kontrolle durch den Geldgeber dieses Kriegs wäre ja wohl nur von denjenigen etwas einzuwenden, die sich persönlich an diesem nicht versiegenden Geldfluß bedienen.

Dann sollten weitere Zahlungen und Waffenlieferungen an die Bedingung geknüpft werden, dass Friedenspläne (wie der von Peter Brandt) ernsthaft geprüft, diskutiert und umgesetzt werden. So sieht der Brandt’sche Plan unter anderem vor, diplomatische Initiativen in Richtung großer und wichtiger Partner Russlands einzuleiten, beispielsweise gegenüber China, Indonesien, Brasilien und anderen, um diese davon zu überzeugen, so auf Russland einzuwirken, dass Friedensgespräche aufgenommen werden können. Da führt dann auch der ewige Satz „Aber Putin will ja gar nicht verhandeln“ nicht viel weiter – dass man Putin an den Verhandlungstisch zwingen muss, das ist jedem klar. Nur – bislang wurden solche diplomatischen Initiativen sowohl von der Ukraine, als auch von Russland abgelehnt. Aber warum? Dass die Ukraine keinen „großartigen Sieg“ gegen Russland erringen wird, ohne dass dabei Europa nuklear in Schutt und Asche gelegt wird, ist vermutlich jedem Beobachter klar. Und wenn Zelensky in seinen täglichen Absprachen davon redet, dass „Russland vollständig besiegt werden muss, militärisch, wirtschaftlich, politisch und rechtlich“, dann wäre wenigstens mal angesagt, dass man in Europa darüber spricht, ob dies tatsächlich ein „europäisches Ziel“ sein kann.

Ebenfalls interessant wäre es zu erfahren, warum ein Andreij Melnyk jeden „zum Teufel schicken“ will, der das Wort „Frieden“ in den Mund nimmt. So oder so, anngesichts der Tatsache, dass Europa und der Westen auch nach einem Kriegsjahr nicht die geringste Strategie entwickelt haben, lässt den Warlords in Zentral- und Osteuropa ein leichtes Spiel. Und solange der Westen das alles mit Summen finanziert, die das soziale Gleichgewicht im Westen bereits nachhaltig erschüttern, wäre es vielleicht gar nicht so blöd, sich einmal Gedanken zu machen, was man eigentlich will. Das reine Nachbeten der Propaganda aus Washington, Moskau und Kiev wird diesen Krieg und das Töten auf jeden Fall nicht beenden.

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