Fünf Jahrtausende chinesischer Kunst schauen dich an

Die Kunsthalle Messmer in Riegel zeigt ab Samstag eine der aufregendsten Ausstellungen des Jahres am Oberrhein: „China im Spiegel der Zeit“.

Ausschnitt von "Rock" von Ai Weiwei. Tradition trifft auf Moderne. Foto: Kunsthalle Messmer

(Pierre Max) – Da ist Jürgen Messmer, dem Chef und Mäzen der Kunsthalle gleichen Namens in Riegel am Kaiserstuhl, ein großer Wurf gelungen. Die am Samstag startende Ausstellung „China im Spiegel der Zeit“ (20. September 2014 bis 1. März 2015) ist nicht nur künstlerisch sehr wertvoll, sondern hat auch eine politische Dimension – Jürgen Messmer gibt der Kunst ihren öffentlichen Raum wieder, den zu erobern für chinesische Künstler im eigenen Land alles andere als einfach ist. Der Star dieser Ausstellung, der zeitgenössische Künstler und Dissident Ai Weiwei, hätte zu diesem Thema viel zu sagen…

Doch das Spannendste an dieser Ausstellung ist die Gegenüberstellung der zum Teil Jahrtausende alten chinesischen Kunst mit Werken aus der Gegenwart. So stellt das Haus Messmer seltene Porzellan- und Terrakotta-Objekte aus verschiedenen Dynastien in den Kontrast zu einer modernen, gesellschaftskritischen Kunst der heutigen Zeit und die Besucher werden ganz überraschende kulturelle Bindeglieder entdecken, wie das Werk „Rock“ von Ai Weiwei, das sowohl die strengen Elemente der traditionellen Porzellankunst, als auch das Ablösen von ihr beinhaltet.

Für Elefanten ist die Kunsthalle Messmer die nächsten Monate ein „No Go-Area“ – die ausgestellten Schätze aus Keramik, Porzellan und Terrakotta sind unersetzlich. Zum ersten Mal werden in Deutschland Keramiken aus dem Hosanna-Museum in Taiwan gezeigt – umwerfende Objekte aus fünf Jahrtausenden. Die großen Dynastien sind vertreten, von den Han (206 v. Chr. – 220 n. Chr.), über die Tang (618-907), die Song (960-1279), die Ming (1368-1644) bis zu den Qing (1644-1911). Die Figuren, Vasen und Schalen überraschend durch ihre meisterliche Bearbeitung und Form. Ein Highlight der Ausstellung ist ein neolithisches Gefäß mit menschlichem Kopf aus der Kultur der Majiao-Yao, das ca. 4500-2300 v. Chr. entstanden ist.

Und wo steht China heute? Nur wenige der „jungen Wilden“ wie Ma Jun, Sun Jinlong, Huang Min oder Yao Yuzhong zitieren die chinesische Klassik, außer, um sie zu persiflieren. Im Zeitalter von Internet und Sozialen Netzwerken wird die aktuelle chinesische Kunst kritischer, lauter, fordernder und mischt westliche und chinesische Elemente. Das Ergebnis sind aussagestarke Bilder, die für die chinesische Gesellschaft im Umbruch stehen. In dieser modernen Malerei steht die Beobachtung und die Kritik an der Gesellschaft an erster Stelle. Doch wie unstabil diese Öffnung der Kultur ist, zeigte sich an der Verfolgung von Ai Weiwei und anderen nicht systemkonformen Künstlern.

Die Ausstellung stellt die traditionellen Werke aus Ton und Porzellan, malerischen und skulpturalen Arbeiten zeitgenössischer Positionen gegenüber. Das Material Porzellan in Kombination mit Malerei bildet ein Bindeglied zwischen Tradition und Moderne.

Und so entwickelt sich auch eine über 5000 Jahre alte Kultur weiter, eine Kultur, die bereits raffiniert und elegant war, als wir Germanen stolz die ersten groben Töpfe aus Lehm brannten. Der chinesische Kunstbegriff, der sich lange darauf beschränkte, alte Werte weiter zu pflegen und möglichst nicht zu verändern, ist dabei, sich zu verändern. Die politische Dimension der Kunst ist für China neu, was auch den schwierigen Umgang des Staats mit seinen Künstlern erklärt. Diese Entwicklung illustriert die Ausstellung in der Kunsthalle Messmer auf selten gelungene Weise.

Alle praktischen Informationen gibt es unter www.kunsthallemessmer.de!

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