Genug geredet – jetzt wird gehandelt!

Frankreich und Deutschland gehen gemeinsam einen ganz neuen parlamentarischen Weg. In einem Moment der Krise könnte die die Initialzündung für ein neues europäisches Projekt werden.

Die deutsch-französische Parlamentariergruppe unter Sylvain Waserman hat das geschafft, worauf alle seit Jahrzehnten warten. Hut ab! Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Jahrzehntelang wurde geschwätzt, traf man sich an Büffets und bei offiziellen Empfängen, behängte man sich gegenseitig mit Orden – und tat ansonsten nicht viel. So muss man leider die deutsch-französischen Beziehungen der letzten Jahre auf höchster Ebene zwischen Paris und Berlin beschreiben. Doch das wird jetzt anders. Die Assemblée Nationale und der Bundestag gründen ein neues Parlament – das „Deutsch-französische Parlament“! Dieses ehrgeizige Projekt wurde gestern in Lübeck beschlossen und könnte nicht nur den deutsch-französischen Beziehungen, sondern auch dem europäischen Projekt eine ganz neue Dynamik verleihen.

Um ehrlich zu sein, haben sie alle in den deutsch-französischen Beziehungen versagt. Die Helmut Kohl, Angela Merkel, Nicolas Sarkozy oder François Hollande haben es nie geschafft, die Beziehungen zwischen beiden Ländern in ein deutsch-französisches und europäisches Arbeitsinstrument zu verwandeln – und genau das passiert jetzt. Mit dem „Deutsch-französischen Parlament“ kommen die deutsch-französischen Beziehungen in eine ganz neue Dimension: das richtige Leben. Und dort wird es konkret und pragmatisch zugehen.

Jeweils 50 Abgeordnete aus beiden Ländern, die das politische Kräfteverhältnis in den Parlamenten darstellen werden, sitzen künftig in diesem „Deutsch-französischen Parlament“, dessen Aufgaben weit über die üblichen Höflichkeitsbesuche hinausgehen werden.

Nach der definitiven Zustimmung zu diesem Projekt, die zum Jahrestag des Elysee-Vertrags am 22. Januar 2019 erfolgen soll und die eigentlich nur noch als Formalität betrachtet wird, erhält dieses neue Parlament ganz konkrete Aufgaben. So soll es dafür sorgen, dass europäische Richtlinien gleichermaßen und synchronisiert in beiden Ländern umgesetzt werden und dass sich in diesem Prozess auch beide Rechtssysteme annähern, insbesondere in den Bereichen Umweltschutz und wirtschaftlicher Austausch. Eine großartige Nachricht für die deutsch-französische Grenzregion, die stark von der Arbeit dieses neuen Parlaments profitieren wird.

Aber das ist noch längst nicht alles. Das „Deutsch-französische Parlament“ hat die klar formulierte Aufgabe, beide Regierungen bei der Umsetzung des neuen Elysee-Vertrags (Elysee 2) zu kontrollieren. Das bedeutet im Klartext, dass der neue deutsch-französische Freundschaftsvertrag nicht nu reine Sammlung hehrer Absichtserklärungen sein wird, sondern dass es ein Parlament geben wird, dass darauf achtet, dass die im Vertrag stehenden Dinge auch zeitnah und richtig umgesetzt werden. Dies ist wiederum für die Grenzregion wichtig, denn viele der Punkte, die in dem neuen Vertrag stehen werden, weisen die deutsch-französische Grenzregion als eine „Experimentierzone“ für die deutsch-französische Zusammenarbeit, aber auch für die europäische Integration aus.

Dazu wird dieses neue Parlament auch die Aufgabe haben, themenbezogene gemeinsame Ausschusssitzungen zu organisieren und konkrete Vorschläge zu Themen zu erarbeiten, die beide Länder betreffen. Und auch Europa wird vom „Deutsch-französischen Parlament“ profitieren, denn die Entwicklung eines neuen europäischen Projekts ist eines der Hauptthemen, die natürlich beide Länder betreffen.

Für Sylvain Waserman, Vizepräsident der Assemblée Nationale, des französischen Parlaments und Autor des „Grenzüberschreitenden Berichts“ einer deutsch-französischen Parlamentariergruppe, handelt es sich um einen historischen Durchbruch. „Der deutsch-französische Motor ist und bleibt das Herzstück eines neuen europäischen Projekts“, erklärte er. „Es ist das erste Mal in der Geschichte zwischen unseren beiden Ländern, dass die Beziehungen zwischen beiden Parlamenten eine so pragmatische und konkrete Form annehmen.“

Ob es nun die Rechte war, oder die Linke – in den letzten Jahrzehnten hat sich die hohe Politik in beiden Ländern auf schöne Worte und Treffen ohne jeden Ehrgeiz beschränkt. Dieses neue „Deutsch-französische Parlament“ ändert das allerdings gewaltig. Seine Gründung ist in der Tat ein historischer Schritt in der Entwicklung der grenzüberschreitenden und europäischen Beziehungen. Ein Wort: Bravo!

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