Hummer und Champagner…

Einmal mehr stolpert ein französischer Politiker über eine seltsame Interpretation des Konzepts „Macht“. Es wäre an der Zeit, dass in Frankreich die Ära der „Sonnenkönige“ endet.

Man gönnt sich ja sonst nichts... Foto: Benson Kua from Toronto, Canada / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – In Frankreich dienen politische Ämter häufig noch dem gleichen Zweck wie im antiken Rom: Während der Dauer eines Mandats füllt man sich die Taschen, führt einen großen Lebensstil und erfreut sich der Annehmlichkeiten des Luxus der Macht. So steht gerade der französische Umweltminister François de Rugy im Zentrum der Kritik, nachdem seine privaten Gelage mit Hummer und Champagner auf Staatskosten an die Öffentlichkeit drangen. Besonders peinlich: In der Vergangenheit hatte François de Rugy des Öfteren seine Kolleginnen und Kollegen für derartige Eskapaden scharf kritisiert.

De Rugy, der einstmals zu den Grünen gehörte, bevor er sich, wie viele andere, der neuen Einheitspartei LREM („La République en Marche“) angeschlossen hatte, organisierte zwischen Ende 2017 und Juni 2018, also in der Zeit, in der er Präsident der französischen Nationalversammlung war, etliche solcher Gelage, die er hinterher als zu seinen Repräsentationsaufgaben gehörend rechtfertigte. Blöd nur, dass die bei diesen Festen geladenen Gäste überwiegend Freunde seiner Frau Séverine waren, die selbst als Journalistin beim People-Magazin „Gala“ arbeitet. Photos von diesen Gelagen zeigen eine angeheiterte Madame De Rugy mit Champagnerflasche und angesichts der Bilder hat man Schwierigkeiten, diese Privatfeste als „Repräsentations-Veranstaltungen“ zu verstehen.

Da kam es sehr gelegen, dass gleichzeitig mit diesem Skandal ein anderer Skandal öffentlich wurde – seine Büroleiterin Nicole Klein hatte 12 Jahre lang eine Sozialwohnung in Paris für sich behalten, obwohl sie bis zu ihrer Ernennung durch Herrn Minister wieder in die Hauptstadt zog. Was Frau Klein anbelangt, zeigte François de Rugy ein hartes Durchgreifen – er feuerte sie fristlos. Was ihn selbst anbelangt, ist sich Herr Minister natürlich keiner Schuld bewusst.

Dieser Missbrauch öffentlicher Mittel erinnert ein wenig an das Doping im Radsport. Solange es kaum Dopingkontrollen gab, wurde das Doping als Normalität betrachtet. Wo kein Kläger, da kein Richter. Und da Frankreichs Mächtige immer schon einen pompösen Lebensstil führten, werden solche Exzesse eben auch als „normal“ betrachtet. Nur, sie sind es nicht.

Das anachronistische Machtgehabe von Frankreichs Eliten gehört zu denjenigen Elementen, die den Graben zwischen „denen da oben“ und „uns ganz unten“ immer tiefer werden lassen. Und wie anachronistisch dieses Machtgehabe wirklich ist, erkennt man bei einem Besuch in einem französischen Ministerium in Paris. Wenn man das Glück hat, in die heiligen Hallen der Macht vorgelassen zu werden, kann es einem passieren, dass man einen Minister oder eine Ministerin trifft. Vor diesen wuseln zwei Lakaien herum und schubsen alle Passanten zur Seite und bellen dabei Verhaltensmaßregeln – „senken Sie den Blick!“, „sprechen Sie Frau Ministerin nicht an!“, „machen Sie den Weg frei!“ – wobei man das Gefühl hat, im finstersten Mittelalter gelandet zu sein.

Frankreich muss dringend sein Verständnis der Macht überprüfen. Die Zeiten der Absoluten Monarchie sind vorbei und es wäre für ganz Frankreich ein Gewinn, würde dieser Umstand endlich auch im Bewusstsein der Politiker ankommen. Dass ein Minister (der einst ein Grüner war…) Zehntausende Euro öffentlicher Gelder für seine privaten Partys verpulvert, wäre in anderen Ländern im Jahre 2019 völlig undenkbar. Es wäre eine gute Entwicklung, würde Frankreich den Sprung aus dem 19. hinein ins 21. Jahrhundert schaffen…

 

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