„Ich habe gegen das CETA-Abkommen gestimmt“

Der Europaabgeordnete Arne Gericke (Familienpartei) hat gegen das Freihandelsabkommen CETA gestimmt. Und er erklärt, warum.

Bei der Abstimmung zum CETA im Europäischen Parlament blieben die Interessen der europäischen BürgerInnen unberücksichtigt. Foto: AG / Familienpartei

(KL) – Es gibt noch Abgeordnete, die nicht nach Partei- oder Fraktionsräson abstimmen, sondern nach ihrem Gewissen. Zu dieser seltenen „Rasse“ Politiker gehört der Abgeordnete der Familienpartei Arne Gericke, der durch seine politische Arbeit im Europäischen Parlament aufzeigt, dass die alten Trennlinien zwischen „rechts“ und „links“ keinen Sinn mehr haben. Seine Partei, die Familienpartei, gehört sicherlich zum wertkonservativen politischen Spektrum, was Gericke nicht davon abhält, sich seine eigene Meinung zu den aktuellen Themen zu bilden. Auch zum Thema CETA – das Gericke ablehnt und gegen das er auch gegen die Position seiner Fraktion ECR gestimmt hat. Mutig.

Arne Gericke, die Konservativen im Europäischen Parlament haben das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada durchgewinkt. Entgegen der Position Ihrer Fraktion, der Konservativen und Reformer, haben Sie das CETA abgelehnt. Warum?

Arne Gericke: Ich habe heute gegen das CETA-Abkommen gestimmt. Mein Nein zu CETA ist ein klares Ja zu einem fairen, transparenten und modernen Welthandel, der beiden Seiten klare Vorteile bringt. ich habe meine Entscheidung nach eingehender Prüfung sowie intensivem Dialog mit Befürwortern und Gegnern des Abkommens getroffen.

Was hat den Ausschlag für Ihr „Nein“ gegeben?

AG: Bis zuletzt ist es nicht gelungen, bestehende und vorgebrachte Bedenken – etwa hinsichtlich der internationalen Gerichtsbarkeit, der regulatorischen Kooperation, der garantieren und dauerhaften Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards, der öffentlichen Daseinsvorsorge (nach Art. 191 AEUV) und der kommunalen Selbstverwaltung sowie negativen Auswirkungen auf die vor allem mittelständische, familiengeführte Landwirtschaft in Europa – endgültig zu zerstreuen.

Dabei wurde doch überall stolz verkündet, dass nach dem „Nein“ der wallonischen Regionalregierung zu CETA die kritischen Punkte nachgebessert wurden?…

AG: Selbst der vom wallonischen Parlament in letzter Sekunde inszenierte Einspruch war nicht mehr als eine politische Schmierenkomödie ohne substanzielle Änderungen am Vertragstext. Die stattdessen ausgehandelte Zusatzerklärung ist nicht einmal rechtlich bindend.

In meiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern sind durch CETA keine herausragenden Positivimpulse zu erwarten. Der Mittelstand bleibt unberührt – und selbst unter den großen Unternehmen gibt es laut EU-Kommission keine Hand voll, die einen intensiven Handel mit Kanada unterhält. Stattdessen würden unsere Landwirte gerade im Fleischbereich unnötig leiden.

Nochmal: Mein Nein zu CETA ist ein klares Ja zu einem fairen, transparenten und modernen Welthandel. Eine Position, für die mich meine Wählerinnen und Wähler ins Europäische Parlament entsandt haben. Ihnen bin ich verpflichtet. EU-Kommission und kanadische Unterhändler haben die Chance vertan, die Kritikpunkte ernst zu nehmen und gemeinsam einen Neuanfang zu wagen, der neue Maßstäbe im internationalen Handel gesetzt hätte.

Das CETA muss nun die hohe Hürde der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente und Regierungen nehmen – ist das der Anfang von Ende solcher Freihandelsabkommen?

AG: Nein, noch in der CETA-Verhandlungsphase zeigte sich, dass ein moderner Ansatz in den Verhandlungen mit Australien und Neuseeland möglich wurde. Auch Kanada ist ein solch vertrauensvoller, moderner Handelspartner, mit dem ein solcher Ansatz möglich wäre. Doch dazu wäre es wichtig gewesen, hätte man bei den Verhandlungen die Bedenken vieler Bürgerinnen und Bürger ernst genommen und die Vertragstexte entsprechend nachgebessert. Doch das ist leider nicht geschehen – und da meine Mission im Europäischen Parlament darin besteht, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten, habe ich mit „Nein“ gestimmt.

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