Kicken in Saudi-Arabien…

Die neue saudische Fußball-Liga ist auf Einkaufstour in Europa. Und angesichts der vielen Stars, die dem Lockruf der Petrodollars erliegen, verfallen viele in Schnappatmung.

Neymar verdient sein Geld jetzt in Saudi-Arabien. Na und? Foto: Lucho Vidales / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Benzema, Neymar und die vielen anderen. Saudi-Arabien kauft im großen Stil Fußballer in den europäischen Ligen ein und bei den vielen Millionen, die dort ausgegeben werden, sehen viele Beobachter bereits einen Ausverkauf der europäischen Ligen und sind empört. Aber warum eigentlich?

Seit einigen Jahren ist es die englische Premier League, die das machte, was heute die Saudis machen, wobei der einzige Unterschied ist, dass die Saudis mehr Geld zur Verfügung haben. Jahrelang kauften die englischen Teams für unglaubliche Beträge Kicker aus den anderen europäischen Ligen ein, selbst mittelmäßige Spieler erzielten zweistellige Millionenbeträge. Das sorgte zwar für Zähneknirschen in den Ligen, in denen keine solchen Beträge zur Verfügung standen, aber ansonsten löste die englische Einkaufstour auf dem Kontinent wenig Aufregung aus.

Aber jetzt. Spieler wie Neymar werden heftig für ihren Wechsel nach Saudi-Arabien kritisiert, wobei als Argument angeführt wird, dass der Brasilianer noch einige Jahre in einer „richtigen“ Liga hätte spielen können, um seine sportliche Karriere zum Höhepunkt zu bringen. Was die Kritiker dabei übersehen, ist dass Fußballer eine auf rund 10 Jahre begrenzte Karriere haben (wenn diese nicht durch Verletzungen vorher beendet wird) und als „Ich-AGs“ in dieser kurzen Zeitspanne genug Geld verdienen müssen, um nach der Karriere nicht in ein schwarzes Loch zu fallen. Dass diese Profis dorthin gehen, wo sie am meisten verdienen, wer will es ihnen verdenken?

Die Vorstellung, dass sich Profi-Fußballer für den Verein und die Stadt zerreißen, in denen sie gerade ihre Brötchen verdienen, klingt schwer nach den 70er Jahren. Damals erwarteten die Fans eine hohe Identifikation mit ihrer Stadt und ihremVerein. Man erinnere sich daran, als ein Günter Netzer von Mönchengladbach zu Real Madrid wechselte, da wurde er als „Vaterlandsverräter“ beschimpft. Die Fans hatten das Gefühl, dass die gut verdienenden Kicker ihnen praktisch „gehörten“ und dementsprechend erwartete man eine Art Nibelungentreue. Doch das waren die 70er Jahre. Heute zerreißt sich kein Fußballer mehr für einen Verein oder eine Stadt, heute managen die sportlichen Jungmillionäre ihre Karrieren und ihr Vermögen. Wer will es ihnen verdenken?

Man stelle sich vor, dass man als normaler Arbeitnehmer von einem Wettbewerber der eigenen Firma ein Angebot vorgelegt bekommt, bei dem man sein Gehalt verzehnfacht. Wer würde da „Nein“ sagen, um seinem bisherigen Arbeitgeber die Treue zu halten?

Profi-Fußball ist heute kein „Sport“ mehr, sondern Entertainment. Und wie in anderen Entertainment-Bereichen verdienen eben die Stars das große Geld, während das Mittelmaß schauen muss, wie es über die Runden kommt.

Dass die Fußballer dorthin gehen, wo sie am meisten verdienen, ist normal. Nicht normal ist allerdings die Vorstellung, dass es um etwas anderes geht als um Geld. Dass sich heute kaum noch ein Kicker mit Stadt, Region und Verein identifiziert, ist dem Umstand geschuldet, dass Fußball eben nur noch ein Business ist. Sich darüber aufzuregen lohnt sich nicht und wer noch „richtigen“ Fußball erleben möchte, der geht eben statt am Samstag ins Stadion, am Sonntag auf die Amateurplätze, wo sich die Spieler auch heute noch für ihren Verein zerreißen. Wo also soll das Problem sein?

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