Nicaragua-Kaffee mit samtweichem Körper

Cafés sind auch ein Ort der Gespräche. Hier wird debattiert, diskutiert und zuweilen die Welt verbessert. Bei einem Schluck Kaffee. Doch wo der herkommt, ist den meisten im Café nicht bewusst.

Foto: Martin Kissel

(Von Martin Kissel) – Mit einem neuen “Partnerschaftskaffee” wird unter anderem in den Weltläden in Freiburg das Angebot der Marke “Freinica” erweitert. Es ist der erste direktbezogene Kaffee aus der Freiburger Partnerschaftsstadt Wiwilì. Das Angebot ist da – jetzt bedarf es der Nachfrage.

Seit einem Vierteljahrhundert besteht er nun, der Freundschaftsvertrag zwischen Freiburg und Wiwilí, der rund 75.000-Einwohner Stadt im Norden von Nicaragua, ca. 20 km von der Grenze zu Honduras. Den Wiwilí-Verein, der den Grundstein zu dieser Freundschaft gelegt und die Beziehungen gefestigt hat, gibt es bereits seit 30 Jahren. Er ist ebenso Andenken wie Vermächtnis der beiden Freiburger Albrecht „Tonio“ Pflaum und Berndt Koberstein, die in den 80er Jahren in Nicaragua bei der Durchführung humanitärer Projekte im Auftrag der rechtsgerichteten Militärdiktatur ermordet wurden.

Dieser kurze Blick zurück ist insofern wichtig, weil damit der Umfang der Unterstützung aus Freiburg deutlich wird. Sie ist nie versiegt, aber die Öffentlichkeit nimmt sie kaum noch wahr. Jetzt wäre eine gute Gelegenheit, das Engagement der Helfer wie etwa vom Wiwilí Verein, den Weltläden und den stets ungenannten Freiwilligen zu unterstützen. Im Rahmen des lokalen Agenda 21 Prozesses bringen sie gemeinsam mit dem Projektbüro Freinica unter gleichem Namen einen neuen Bio-Kaffee auf den Markt – den Wiwilí-Partnerschaftskaffee. Was nicht gerade nach einer Top-Nachricht klingt, hat sein Potential im Produkt.

Der Freinica-Kaffee kommt nicht wie die anderen aus dem Sortiment nur aus Nicaragua, sondern von der Kooperative La Providencia direkt aus der Partnerschaftsstadt Wiwilí. An den Hängen des Kilambé, dem zweithöchsten Berg Nicaraguas, reift der Hochlandkaffee aus 100% Arabica-Bohnen in exzellenter Qualität. Die Verkostung lässt keine andere Bewertung zu. An kompetenter Stelle wird er so beschrieben: “Der Kaffee von Laprovencia hat eine süße Säure, samtweichen Körper und einen nachhaltigen, leicht schokoladigen Abgang. Auch Vanillenoten sind zu finden.”

Fairer Handel bewirkt faire Lebensgrundlagen. Auch in Wiwilí können deshalb die Töchter und Söhne der Koperativenmitglieder auf die Schule gehen, studieren. Die meisten kehren nach ihrem Abschluss zurück und helfen beim weiteren Aufbau. Bildung und Wissen sind ein Teil der Wertschöpfungskette, die dieser faire Handel ausmacht. Aber kein Handel ohne Markt.

Die Macht liegt – wie so oft – beim Verbraucher. Er – und nur er – macht den Markt aus. Und ja, der Verbraucher will es billig. Hauptsächlich billig. Damit auch etwas für die anderen übrig bleiben möge. Am Jahresende, etwa in Form der obligatorischen und ablassgleichen Weihnachtsspende, um zu zeigen, dass man ja auch kein Unmensch sei.

Diese Verbrauchermacht ließe sich aber auch so nutzen. Verzichten auf die Jahresendspende und sich entscheiden für ein Projekt, ein einziges. Das könnte eben die Entscheidung für diesen Kaffee sein. Sich bekennen zu einem nachhaltigen Projekt und zu wissen: mein Geld kommt dort an, wo ich es für richtig halte. Und das ganz ohne Spende, sondern nur für ein Produkt, dessen Preis ich für seinen tatsächlichen Wert bezahle. Das könnte eine Aussage der Engagierten hinter dem Projekt “Freinica” sein.

Nachhaltige Entwicklung braucht Unterstützung – überall auf der Welt.

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