Sergej Lawrow, der unfreiwillige Spaßvogel

Beim G20-Gipfel in New Delhi schwafelte der russische Außenminister Sergej Lawrow abstruse Kreml-Propaganda daher – und erheiterte damit das Publikum.

Sergej Lawrow - der Abstieg vom "Talleyrand 2.0" zum Hanswurst der Weltpolitik... Foto: mid.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Da stutzte der russische Außenminister Sergel Lawrow, der ansonsten ohnehin nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Beim „Raisina-Dialog“, einer Konferenz für Geopolitik, die ihm Rahmen des G20-Gipfels in New Delhi stattfand, hatten seine völlig verschrobenen und realitätsfernen Aussagen eine andere Wirkung als diejenige, die sich Lawrow erhofft hatte – die Zuhörer brachen in Lachen aus.

Ob der früher eher brillante Lawrow den Quatsch, den er erzählt, selbst noch glaubt, ist nicht überliefert. Doch die Reaktionen auf seine Aussage, dass Russland versuche, den Krieg zu stoppen, der gegen Russland angezettelt worden sein, „indem ukrainische Menschen benutzt wurden“, waren großartig – statt zu pfeifen oder anderweitig laut zu protestieren, begann das Publikum zu lachen. Denn die Verdrehung der Wirklichkeit, die im russischen Narrativ aus dem Kriegsaggressor Russland ein „Opfer“ macht, kann tatsächlich niemand mehr ernstnehmen. Und Lawrow wird immer mehr unfreiwillig zu einem Hanswurst, dessen Aussagen inzwischen eher als Stand-Up-Comedy durchgehen, als dass man sie als ernsthafte Beiträge zur aktuellen Lage betrachten könnte.

Interessant – der sich auf Englisch ausdrückende Lawrow sprach offen von „Krieg“, wofür er eigentlich bei seiner Rückkehr in Moskau verhaftet werden müsste, denn nach wie vor ist es in Russland verboten, diesen Krieg anders zu nennen als eine „militärische Spezialoperation“. Jammernd fügte Lawrow an, dass dieser Krieg (wieder „Krieg“!) natürlich die russische Politik beeinflusst habe.

Die Aussagen von Lawrow, der seinen intellektuellen Zenit längst überschritten hat und besser daran täte, seinen Posten für Maria Sacharowa zu räumen, hatte noch ein paar weitere Schmonzes auf Lager, bei denen dann allerdings niemand mehr lachte, da immer deutlicher wurde, dass Lawrow als Vertreter Russlands nicht mehr ernstgenommen werden kann. So behauptete er, der Westen würde „seine Verantwortung für sein wirtschaftliches Versagen auf Russland abwälzen wollen“, wofür laut Lawrow die Sanktionen gegen Russland der beste Beweis sind, und langsam wird die Märchenstunde der russischen Nomenklatur unerträglich.

Dass die Weltpolitik und auch der weitere Verlauf des Ukraine-Kriegs von durchgeknallten Greisen auf beiden Seiten abhängt, ist beunruhigend. Denn hier sprechen wir nicht mehr von üblicher Kriegspropaganda, sondern dem Gebrabbel von älteren Herren, die lieber ihren Ruhestand genießen sollten, als weiter die Welt mit diesem unausgegorenen Gewäsch zu belasten.

Dass sich beide Seiten heute einer fast klassischen Kriegs-Propaganda bedienen, ist eine Sache. Doch in New Delhi zu behaupten, Russland sei angegriffen worden, das schlägt dem Fass den Boden aus und zeigt, in welchem geistigen Zustand die russische Führung heute ist. Das richtig Üble daran ist, dass es viele Russland-hörige Länder gibt, in denen solche wirklichkeitsfernen Ansprachen noch verfangen. Hier muss der Westen sehr aufpassen, die Weltlage nicht nach westlichem Wunschdenken zu bewerten, so, wie es der Westen häufig tut, sondern die Lage richtig einzuschätzen. Und Sergej Lawrow? Der Mann legt gerade einen Abstieg vom „Talleyrand des 21. Jahrhunderts“ zum „Alfred E. Neumann des 21. Jahrhunderts“ hin. Und auch, wenn das Lachen der Teilnehmer bei dieser Konferenz die bestmögliche Reaktion auf das Gebrabbel von Lawrow war, so verheißt das alles nichts Gutes.

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