Jewgeni Prigoschin – Russlands Wunderwaffe

Der Ukraine-Krieg ist längst auch ein Propaganda-Krieg geworden. Dabei ist der Wagner-Chef Jewgeni Priogoschin das entscheidende Element. Seit langen Monaten erzählt der Mann das, was der Westen hören will.

Putin und Prigoschin - zwischen die beiden passt kein Blatt Papier. Foto: Government of the Russian Federation / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Was wären die westlichen Medien im Ukraine-Krieg nur ohne Jewgeni Prigoschin? Ständig provoziert der Chef der berüchtigten Wagner-Truppe, die längst zum Staat im Staat geworden ist und die russischen Interessen auf mehreren Kontinenten gewaltsam geltend macht, doch sollte sich niemand täuschen lassen – der Druck, den Prigoschin auf die russische Armee und speziell deren Führung ausübt, kommt nicht von ungefähr und nichts, was Prigoschin der Weltpresse erzählt, wurde nicht vorher mit seinem Duzfreund Putin abgestimmt. Und so lässt sich die Welt von Prigoschin an der Nase herumführen und glaubt bereitwillig das Märchen, dass ein heftiger Machtkampf zwischen der Wagner-Gruppe und dem Kreml läuft. Doch das stimmt nicht.

Prigoschin ist das Propaganda-Element, das dem Westen suggerieren soll, dass die russische Armee immer schwächer wird, dass sich die reguläre Armee und die Wagner-Truppen gar gegenseitig bekämpfen, dass die Ukraine kurz vor dem Durchbruch steht. Nichts davon stimmt. Wären diese Kommunikationen nicht mit Putin abgestimmt, würde Prigoschin längst in Sibirien in einem Gulag sitzen, doch zur gezielten Falschinformation hat Russland niemand Besseren als eben Jewgeni Prigoschin. Dabei ist klar, dass die Wagner-Gruppe Putin ebenso braucht wie Putin die Wagner-Gruppe.

Verteidigungsminister Schoigu und Armeechef Gerassimow sind die beiden Hauptziele der ständigen Prigoschin-Kritik. Diesen wirft er vor, sich nicht um die Kriegslogistik und Nachschub zu kümmern, sich nicht genug zu engagieren und die „Drecksarbeit“ den Wagner-Leuten zu überlassen. Doch läuft die Abstimmung zwischen den Wagner-Truppen und der regulären Armee wesentlich besser, als man das im Westen wahrhaben will. Für den Westen klingt es natürlich deutlich beruhigender, wenn Prigoschin den nahen Untergang Russlands prophezeit, der russischen Regierung sogar „droht“, doch sind das alles nur Propaganda-Spielchen.

Die Versorgung der russischen Armee mit Waffen und Munition läuft reibungslos. Im Westen vergessen wir gerne, dass rund 150 Länder dieser Welt keinerlei Sanktionen gegen Russland verhängt und auch den russischen Angriffskrieg nicht verurteilt haben. Ob nun Waffen aus dem Iran, aus China, aus anderen diesen Ländern nahestehenden Staaten kommen – die Waffen erreichen Russland und damit leider auch die Ukraine. Egal, was Prigoschin auch erzählt, um uns in die Irre zu führen.

Russland ist ein autoritärer Staat, in dem offene Kritik an Regierung und Armee sogar unter Strafe steht. Insofern ist es blauäugig zu denken, dass Prigoschin eine Art „freischwebendes Elektron“ sei, das in Russland Narrenfreiheit hat. Prigoschin ist das zentrale Propaganda-Element Russlands, sowohl in Richtung Westen, als auch für die Kommunikation nach innen. Dabei stellt sich der Mann extrem geschickt an, mit sorgfältig inszenierten Pressekonferenzen mitten auf dem Schlachtfeld, mit beeindruckenden Bildern, mit unüberhörbaren Lautsprecheransagen. Doch wer meint, dass es zwischen Wagner und dem Kreml kriselt, der täuscht sich.

Etliche westliche Experten vertreten die Ansicht, dass Prigoschin eigene politische Ziele verfolgt. Aber warum sollte er das tun? Der frühere Kleinkriminelle und Koch ist zum extrem erfolgreichen Geschäftsmann geworden, für den es viel interessanter ist, viel Geld zu verdienen und im Hintergrund die Strippen zu ziehen.

Wir müssen aufhören, in jede Propaganda-Falle zu tappen, die Priogoschin dem Westen stellt. Auch, wenn es für den Westen angenehm klingt, wenn Prigoschin von russischen Problemen spricht, von der Schwäche der Armee, von Ärger mit dem Kreml, so sollte man auf den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen achten. So kündigte Prigoschin mehrfach eine russische Niederlage in Bachmut an, bevor seine Leute und die russische Armee die zerstörte Stadt einnahmen.

Prigoschin erzählt uns das, was wir hören wollen und daher sollten seine Propaganda-Manöver mit viel Vorsicht genossen werden. Der Mann ist die beste russische Propaganda-Waffe und mit dieser Erkenntnis sollten seine Aussagen bewertet werden. Doch das dürfte ein frommer Wunsch bleiben, denn im Krieg glaubt man gerne die Propaganda-Lügen, die einen selbst vermeintlich stärken. Das war in allen Kriegen so, das ist auch im Ukraine-Krieg so.

1 Kommentar zu Jewgeni Prigoschin – Russlands Wunderwaffe

  1. Sehr geehrter kluge Analyse !

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