StopCovid – läuft nicht so richtig…

Mit weniger als 2 Millionen Downloads ist die französische Tracking-App „StopCovid“ noch weit davon entfernt, wirksam zu sein. Dazu kommen jetzt schon ungute Leaks der Daten...

Die unzureichenden Donwload-Zahlen von "StopCovid" sind der Ausdruck des Vertrauensverlustes in die Regierung. Foto: Gouvernement Français

(KL) – Im Vorfeld des Starts von „StopCovid“ waren die Initiatoren einig – damit diese Tracking-App sinnvolle Ergebnisse liefern kann, müsste sich mindestens ein Viertel der französischen Bevölkerung diese App aufs Handy laden und sie aktivieren. Doch zwei Wochen nach dem Start der App haben weniger als 2 Millionen Französinnen und Franzosen dem Aufruf der Regierung Folge geleistet und sie installiert.

Dieser schwerfällige Anlauf hat mehrere Gründe. Zum einen mögen es die Franzosen nicht so sehr, unter Generalverdacht gestellt zu werden, denn das Hauptargumente der Verfechter dieser App lautet, neben der potentiellen Verfolgung von Infektionsketten, „wer sich nichts vorzuwerfen hat, der kann auch die App installieren“. Das dachten Anfang der 30er Jahre auch viele Juden in Deutschland, die sogar so weit gingen, beim Aufstieg der NSDAP für diese zu stimmen. Doch das „sich-nichts-vorzuwerfen-haben“ ist eine relative Geschichte, die sich schnell ändern kann. Das mussten auch viele türkische Anhänger der Gülen-Bewegung feststellen, als ihre religiöse Überzeugung von einem Tag auf den anderen etwas wurde, was man sich „vorzuwerfen“ hatte – von heute auf morgen wurden unbescholtene Bürger*innen massenhaft inhaftiert und verloren ihre Jobs. Wie praktisch, dass die türkische Regierung über alle erforderlichen Informationen und Listen verfügte…

Dazu steigern die Nachrichten über die ersten Daten-Leaks nicht unbedingt das Vertrauen in diese App, zumal der Staatssekretär für digitale Angelegenheiten Cédric O gar nicht erst den Versuch unternahm, diese Leaks zu dementieren. Nach einer Reportage von Mediapart wurde deutlich, dass diese App weitaus mehr Daten überträgt als ursprünglich angekündigt und in der Lage ist, komplette Bewegungs- und Kontaktbilder einzelner Personen zu erstellen. Wenn man nun bedenkt, dass während des Lockdowns das von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtete Dekret 2020-151 einen großen Teil des Schutzes personenbezogener Daten ausgehebelt hat, versteht man auch, warum das Vertrauen der Französinnen und Franzosen in solche Werkzeuge der Regierung eher begrenzt ist.

Wieder andere machen sich darüber lustig, dass es „App-Verweigerer“ gibt (die übrigens in der erdrückenden Mehrheit sind…), und vertreten die Ansicht, dass wir ja alle ohnehin schon unsere Daten auf den Plattformen der Sozialen Netzwerke preisgeben. Doch das ist nur zum Teil richtig. Ärgerlicherweise sammeln Facebook, Twitter, Instagram und Co. tatsächlich viele unserer Daten ein, allerdings tun sie dies vor allem dazu, unsere Daten an Werbetreibende zu verkaufen, die uns dann mit nervigen und gezielten Werbungen zutexten. Das ist ärgerlich, aber nicht das gleiche wie ein Staat, der komplette Datensätze über seine Bürger*innen anlegt. Ein Werbe-Instrument ist nicht das gleiche wie in potentielles Repressions-Instrument.

Damit „StopCovid“ den sanitären Zweck erfüllen könnte, müssten rund 15 Millionen Französinnen und Franzosen diese App installieren. Das ist allerdings mehr als unwahrscheinlich und man sollte sich hüten, nun mit dem Finger auf diejenigen zu zeigen, die sich dieser App verweigern. Es sind nicht die Bürger*innen, die das Vertrauen ihrer Regierung verspielt haben, sondern es ist die Regierung, die durch Falschaussagen und Lügen vor und während des Lockdowns das Vertrauen der Bürger*innen verspielt hat. Die nun bekannt gewordenen Daten-Leaks und das hohe Interesse der Regierung an personenbezogenen Daten wird dieses gestörte Vertrauen nicht wieder aufbauen können.

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