Voll an die Wand – aber mit jeder Menge Konsequenz

Angesichts der schlechten Zahlen der französischen Wirtschaft hat Premierminister Manuel Valls angekündigt, genau so weitermachen zu wollen wie bisher.

Zwei auf dem Weg nach vorne. Wohin es geht, wissen F. Hollande und M. Valls aber nicht, Nur dass sie dort ankommen, da sind sie sich sicher. Foto: © Présidence de la République / C. Alix

(KL) – Das ist schon eine mutige Position, die der französische Premierminister Manuel Valls zur Wiederaufnahme der politischen Aktivitäten nach einer langen Sommerpause verkündet hat. „Die Politik, die der Präsident der Republik beschlossen hat, braucht Zeit, um Ergbnisse zu bringen. Es kommt nicht in Frage, diese Politik zu ändern. Der Verantwortungspakt und seine 41 Milliarden Euro durch die Senkung der Arbeitskosten werden nun richtig greifen.“ Aha. Das klingt ein wenig nach: Alles geht den Bach ‘runter, aber wenigstens wissen wir, wohin es geht.

Wie erfolgreich die aktuelle Arbeit der französischen Regierung gerade ist, konnte man an den neuen Arbeitslosenzahlen ablesen – einmal mehr verkündete das Arbeitsministerium eine Rekordarbeitslosigkeit (3,66 Millionen Arbeitslose), doch auch diese Zahlen lösen seltsamerweise bei den Verantwortlichen so etwas wie Optimismus aus. Für Arbeitsminister Michel Sapin besagen diese Zahlen, dass „positive Zeichen sichtbar sind“. Das dürften die 3,66 Millionen Arbeitslosen in Frankreich allerdings ganz anders sehen und irgendwann sollte auch die französische Regierung begreifen, dass diese Art der „politischen Kommunikation“ von den betroffenen Menschen als zynisch empfunden wird und die Menschen in die Arme der politischen Verführer treibt, vor allem in die Arme von Marine Le Pen.

Die Reaktionen auf die trotzigen Ansagen von Manuel Valls sind heftig und zwar nicht nur im Lager der Konservativen, sondern auch in der eigenen Partei. Nämlich überall dort, wo Politiker den Menschen erklären müssen, warum es mit Frankreich immer weiter bergab geht. Denn im Wahlkreis kann man den Menschen nicht mit solchen windigen Erklärungen kommen – vor Ort können die Menschen nämlich in den ständigen Rekordzahlen der Arbeitslosigkeit weder einen Richtungswechsel, noch etwas Positives sehen.

Die Zeit, die Manuel Valls fordert, damit die großartige Politik seiner und Hollandes Regierung endlich greifen kann, wird er nicht haben. Nach zwei Jahren der Regierung der PS steht der gallische Hahn tiefer als je mit den Füssen im Misthaufen und da nützt es auch wenig, laut zu krähen und Durchhalteparolen zu verbreiten. Die Franzosen haben, nach einer Serie gebrochener Wahlversprechen, keinerlei Vertrauen mehr in ihre Regierung.

Am rechten Rand des politischen Spektrums reibt man sich indes die Hände. Die manifeste Unfähigkeit der PS das Land zu managen, treibt sowohl der UMP, aber vor allem dem Front National die Wähler in die Arme. Doch hier täuschen sich die Franzosen – dass die UMP ebenso wenig in der Lage ist, Frankreich wieder in Schwung zu bringen, das haben sie lange, lange Jahre unter Chirac und Sarkozy bewiesen. Als Hoffnungsträger eignet sich die intern zerstrittene, konservative Opposition also überhaupt nicht. Der Front National hat ebenfalls keine Lösungen anzubieten, außer dem Ausstieg aus dem Euro, der EU und die Ausweisung ausländischer Mitbürger. Dass eine solche nationale Isolation nicht nur die Probleme nicht löst, sondern riesige neue Probleme schaffen würde, liegt auf der Hand.

Armes Frankreich. Die V. Republik mit einem auf Seilschaften aufgebauten politischen Apparat ist am Ende. Frankreich braucht nun die VI. Republik mit einer ganz anderen politischen Landschaft, ein proportionales Wahlrecht und eine neue politische Kultur, die nicht auf neo-feudalistischen, parteipolitischen Erbhöfen aufbaut, sondern auf Fachkompetenz und politischem Dialog zwischen allen Kräften. Da eine solche systemische Veränderung allerdings nur von denen beschlossen werden könnte, die es sich in einem maroden System richtig gemütlich gemacht haben, dürften solche Veränderungen noch lange, lange auf sich warten lassen. Bis dahin ist die Richtung klar, wie von Manuel Valls vorgegeben. Mit Vollgas in die Mauer, ohne auch nur zu versuchen, das Lenkrad herumzureißen. Wenn das mal gut geht.

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