Wenn der „The All England Lawn Tennis & Croquet Club“ Politik macht

Der Veranstalter des ehrwürdigen Tennisturniers in Wimbledon will Tennisprofis aus Russland und Belarus antreten lassen. Letztes Jahr war man in London etwas mutiger aufgestellt.

Falls Profis aus Russland und Belarus in Wimbledon antreten dürfen, sollte man das Turnier boykottieren. Foto: Peter Menzel / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Seit über einem Jahr tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine, doch in diesem Jahr will man in Wimbledon nicht auf die Profis aus Russland und Belarus verzichten. Während die Ukraine und andere Länder gegen diese mehr als seltsame Entscheidung Sturm laufen, kann jetzt nur noch die britische Regierung helfen, indem sie diesen Sportlern das Visum für die Einreise verweigert. Warum die Veranstalter von Wimbledon nicht so mutig waren wie im Vorjahr, als man den Profis aus diesen beiden Ländern die Teilnahme verwehrte, ist klar.

Wie so häufig geht es um viel Geld und offenbar hätte es der britische Tennisverband LTA vorgezogen, wenn die russischen und belarussischen Profis nicht in Wimbledon hätten aufschlagen dürfen. Doch die beiden Tennis-Weltverbände ATP (Männer) und WTA (Frauen) haben massive Strafen für den Fall des neuerlichen Ausschlusses der Profis aus diesen Ländern angekündigt. Es war sogar die Rede davon, dass künftig Wimbledon aus dem Kalender des Tennis-Zirkus gestrichen werden könnte. Dabei geht es um TV-Rechte, Verträge und eben sehr viel Geld.

Dass sich die Spielervereinigungen so offenkundig auf die Seite des russischen Aggressors stellen, ist erstaunlich. Die Veranstalter des „All England Lawn Tennis & Croquet Clubs“ machen zwar keinen Hehl daraus, dass sie lieber keine Sportler aus Russland und Belarus dabei gehabt hätten, doch das interessiert die mächtigen Verbände nicht, genau wie beim IOC oder der FIFA, wo Geld ebenfalls einen deutlich höheren Stellenwert als Menschenrechte hat.

Die einzige Möglichkeit zu verhindern, dass vom 3. bis 16. Juli wieder Tennisprofis in Wimbledon aufschlagen, ist eine politische Entscheidung, nämlich diejenige, den Tennisprofis aus Russland und Belarus das Visum zur Einreise zu verweigern. Und das wäre sehr gut, denn es kann nicht sein, dass permanent korrupte Sportfunktionäre ihren Diktatoren-Freunden Propaganda-Plattformen gegen eine Menge Geld verschaffen. Wenn schon die Sportfunktionäre keinen Anstand haben, dann sollten wenigstens die Politiker dafür sorgen, dass man russischen und belarussischen Sportlern die Möglichkeit nimmt, Propaganda für ihren obersten Führer zu machen und dabei noch sehr viel Geld zu verdienen.

Dass Profis aus Russland und Belarus für eine Teilnahme bei der LTA eine so genannte „Neutralitäts-Erklärung“ unterschreiben müssen, ist reine Augenwischerei. Oder meinen die Verbände, dass sie damit für erfolgreiche Sportler Jubelbilder beim Empfang im Kreml verhindern können?

Die Art und Weise, wie die großen Sportverbände bei entsprechender Bezahlung Plattformen für die Bösewichter dieser Welt schaffen, ist wirklich unangenehm. Doch wie bereits bei der Skandal-WM in Katar haben die TV-Zuschauer die Möglichkeit, solche hochpolitisierten „Events der Schande“ zu boykottieren. Und das gilt nicht nur für Wimbledon, sondern auch für die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Wenn die Sportler aus anderen Ländern und die TV-Zuschauer anfangen, solche Events zu boykottieren, dann bricht das Geschäftsmodell dieser Veranstaltungen zusammen. Es ist an der Zeit, eindeutig Stellung zu beziehen, statt weiterhin aus finanziellen Interessen Ländern wie Russland, Katar, China oder Saudi-Arabien das Aufpolieren ihres Images durch große Sportveranstaltungen zu ermöglichen.

So lange Russland Teile der Ukraine besetzt hält und dort täglich Menschenrechtsverletzungen begeht, sollte keine einzige Sportveranstaltung unter der Teilnahme von Sportlern aus diesen Ländern stattfinden. Die Ukraine hat auf jeden Fall angekündigt, dass wenn die Veranstalter von Wimbledon wirklich Ernst machen und Russen und Belarussen antreten lassen, sie selbst das Turnier boykottieren wollen. Und das sollten auch die Sportler aus anderen Ländern tun, zumindest diejenigen, die russische Massaker in der Ukraine nicht unterstützen wollen.

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