16 Ministerpräsidenten, 1 Kanzlerin und 1 Virus…

Die 16 Ministerpräsidenten und –Präsidentinnen sind die besten Erfüllungsgehilfen für das Coronavirus. Das amateurhafte Herumgestolpere der Regionalfürsten kennt nur einen Gewinner – das Virus.

Markus Söder ist einer der wenigen, der die Beschlüsse der Ministerpräsidenten-Konferenz ernstnimmt... Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Angela Merkel hätte sich wohl einen schöneren Abschied aus der aktiven Politik gewünscht, als von ihren Landesfürsten am Nasenring durch die Manege geführt zu werden. 16 politisch ambitionierte und von Eigeninteressen getriebene Regionalfürsten überbieten sich gegenseitig mit nicht haltbaren Versprechungen von Lockerungen, Öffnungen und dem Ende der Pandemie. Dabei stellt ausgerechnet der CDU-Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen der Kanzlerin ein Bein, indem er, wie andere auch, weiter von Lockerungen faselt, obwohl die Infektionszahlen momentan auch in Deutschland wieder explodieren. Aber der Mann will sich profilieren, ebenso wie sein Amtskollege aus dem Saarland Tobias Hans, der wohl auch Freude daran empfindet, sich als „Mr. Lockerung“ zu präsentieren und dabei völlig übersieht, dass auf der anderen Seite der deutsch-französischen Grenze, im Departement Moselle, das südafrikanische Variant grassiert. Bei 16.000 täglichen Grenzpendlern ein Parameter, den man berücksichtigen müsste.

Doch statt über sinnvolle Strategien zur Bekämpfung des Virus nachzudenken, will nun jeder der erste sein, der wieder alles öffnet und möglichst auch wieder Touristen in sein Bundesland holt. Dabei disqualifiziert sich vor allem Armin Laschet mit seinen geplanten „Modellstädten“ für höhere Weihen. Der Mann verwechselt Wahlkampf und Wahlgeschenke mit der aktuellen Pandemie. Seine Aussage, dass er es für völlig richtig halte, regional unterschiedliche Strategien anzuwenden zeigt, dass ausgerechnet Markus Söder Recht hat, wenn er sagt, dass wohl einige seiner Kollegen „den Ernst der Lage noch nicht begriffen haben“. Den Menschen weiterhin vorzugaukeln, dass man nun in neue Öffnungsphasen gehen können, was ja unterschwellig bedeutet, dass man die Krise halbwegs im Griff hat, ist gelinde gesagt eine „Fake News“. Und zeigt, dass der Mann als Bundeskanzler ungeeignet ist, da er offenbar seine persönlichen Ambitionen höher einschätzt als die Gesundheit seiner 17 Millionen Einwohner des bevölkerungsreichsten Bundeslands.

Die Art und Weise, wie CDU-Ministerpräsidenten ihre Kanzlerin desavouieren, ist erstaunlich. Der Wunsch, es „anders“ zu machen, als die Kanzlerin es empfiehlt, hat schon fast etwas Ödipales. Nur – momentan geht es nicht um Wahlkämpfe, sondern um die Weltgesundheit. Die standhafte Weigerung der Regionalfürsten, die von Angela Merkel propagierte bundesweite Strategie zu respektieren, beweist eigentlich nur, dass wir immer wieder das falsche Führungspersonal wählen. Wer in einer solchen Situation die Volksgesundheit für seine eigene politische Karriere opfert, hat in der Politik nichts verloren.

Derjenige, der überraschenderweise die größte Vernunft an den Tag legt, ist Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Dieser trägt die Beschlüsse konsequent und ärgert sich offen darüber, dass einige seiner Kollegen und Kolleginnen die Experten spielen und mittlerweile mit der Gesundheit der Bevölkerung pokern.

Der Schwellenwert der „Notbremse“ ist bundesweit bereits um ein Drittel überschritten und das Virus mit seinen neuen Varianten (von denen es täglich mehr gibt, da alle bisher getroffenen Maßnahmen nicht oder zu langsam greifen) – wie sich in einer solchen Infektionsdynamik einige Regionalfürsten weigern können, bundesweit beschlossene Maßnahmen umzusetzen, ist unbegreiflich. Und geradezu ein Anschlag auf die Volksgesundheit.

Man darf gespannt sein, wie es nach Ostern aussieht, wenn die Urlauber zurückkommen und uns neue Varianten ins Haus bringen. Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten werden eine größere Verantwortung tragen, als ihnen lieb sein wird.

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