Arbeitslos = ausgestoßen

Der französische Präsident Emmanuel Macron macht Ernst – Arbeitslosigkeit bringt die Betroffenen in die Grauzone zur Illegalität. Aber warum hasst Macron nur alle seine ärmeren Landsleute?

Emmanuel Macron hat für jeden ein Wort übrig - das hier für die französischen Arbeitslosen. Foto: User:Matthes / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Es stimmt – in praktisch allen Ländern gibt es einen kleinen Prozentsatz arbeitsscheuer Menschen unter den Arbeitslosen. In der Regel bewegt sich dieser Prozentsatz bei 1,8 bis 2,0 % der Arbeitslosen. Der Rest der Arbeitslosen würde gerne wieder arbeiten, Geld verdienen und Teil der Gesellschaft sein. Der finanzielle „Schaden“, den arbeitsscheue Arbeitslose verursachen, ist vernachlässigbar – ein winziger Bruchteil dessen, was dem französischen Staat durch die Steuerflucht der Unternehmen und Reichen entsteht. Zahlen? Experten schätzen den Schaden, der durch „Sozialbetrug“ entsteht, auf 60 Millionen Euro im Jahr. Die Steuerflucht kostet den französischen Staat jährlich 60 Milliarden Euro. Doch statt die Steuerflucht zu bekämpfen, bekämpft der französische Präsident lieber die Armen. Das macht er allerdings sehr erfolgreich.

„Big Brother“ zieht nun also auch in den französischen Arbeitsämtern ein. Künftig müssen Arbeitslose ein entwürdigendes Büchlein führen, in dem sie sauber und ordentlich alle ihre Versuche eintragen müssen, einen neuen Job zu finden. Was in einem Land mit 10 % Arbeitslosigkeit und rund 25 % Jugendarbeitslosigkeit nicht so einfach ist. Wer nach Meinung des Arbeitsamts nicht genug unternimmt, um einen neuen Job zu finden oder gar die Stirn hat, ein Jobangebot abzulehnen, dem drohen Strafen. Und zwar in Form einer Kürzung oder zeitweisen Streichung der Sozialhilfe. Was die Betroffenen dann durchaus in die Kriminalität treiben kann, denn Essen, Trinken und Wohnen gehören nun einmal zu den Grundbedürfnissen und wenn der Staat seine Schutzbefohlenen dieser Dinge beraubt, dann bleibt den Betroffenen vermutlich nicht viel anderes übrig als sich Essen, Trinken und Wohnen so zu besorgen, wie es gerade geht.

Bislang gibt es zwar auch die Möglichkeit, Arbeitslosenbezüge zu reduzieren, allerdings dauert es richtig lange, bis eine solche Unterstützung komplett gestrichen wird. Das soll sich ändern, durch diese elegante Initiative, die jeden Arbeitslosen unter den Generalverdacht der Faulpelzerei stellt. Die Betroffenen dürften dann wohl endgültig ins Lager der Rechtsextremen wechseln, oder auch der Linksextremen, was in Frankreich fast auf das Gleiche herausläuft.

Schade, dass sich der neue französische Präsident als Ultrarechter, Ultraliberaler und Ultraschwätzer entpuppt. Die Franzosen hat er durch sein nassforsches Auftreten auf der internationalen Bühne, seine peinliche Inszenierung des Konzepts „Macht“ und seine hübsche Frau überzeugt – an den Stammtischen tönt es begeistert, dass „Frankreich international endlich wieder wahrgenommen wird“. Dank Macron. Toll. Wenn man die gleichen Claqueure fragt, was Macron eigentlich konkret für die Franzosen getan hat oder tut, herrscht Schweigen. Denn neben seinen unbestrittenen Qualitäten in der politischen Kommunikation, kann man Macrons Politik im ersten halben Jahr seiner Amtszeit auf diese Punkte reduzieren – ein Kahlschlag in Arbeitnehmerrechte, ein Frontalangriff auf ärmere Mitmenschen und reichliche Geschenke an diejenigen, die so viel besitzen, dass sie diese Geschenke gar nicht brauchen. Der neue Präsident spaltet gerade die französische Gesellschaft und bereitet dabei den Weg für die Rechtsextremen bei den nächsten Wahlen vor. Doch davon bekommt Macron nicht viel mit – er ist viel zu sehr mit seiner von ihm selbst dekretierten, geradezu göttlich angehauchten Mission beschäftigt. Worin diese Mission besteht, ist niemandem so richtig klar, wohl nicht einmal Macron selbst. Doch was kümmern Macron die Leute, wenn er sich doch in der Öffentlichkeit als „politischer Held“ aufführen kann.

Frankreich wird sich im Verlauf der 5 Jahre Amtszeit von Emmanuel Macron noch mächtig wundern. Denn sein Start ins Amt entwickelt sich wie eine Botschaft an alle seine Mitbürger, die nicht im 3-Sterne-Restaurant tafeln, die Probleme haben, ihre Miete und das Essen zu bezahlen und diese Botschaft lautet: „Eure Armut kotzt mich an“. Die nächsten viereinhalb Jahre können heiter werden…

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