Aus zwei mach eins

Die französische Nationalversammlung hat grünes Licht für die Fusion der beiden elsässischen Departements Bas-Rhin und Haut-Rhin gegeben.

So sieht das neue "Departement Elsass" aus, das am 1. Januar 2021 gegründet wird. Foto: Sting, modifications by Wikialine / Wikimedia Commons / GNU 1.2

(KL) – Nun wird es sie dann doch geben, die „Collectivité européenne d’Alsace“, was übersetzt etwas sperrig „Europäische Gebietskörperschaft Elsass“ heißt. In der Praxis ist diese neue Körperschaft nichts anderes als die Zusammenlegung der beiden elsässischen Departements in einem neuen Departement „Elsass“. In etwas erweiterter Form ist es die Konfiguration, die bei einer Volksabstimmung 2013 aufgrund einer zu geringen Wahlbeteiligung im Haut-Rhin gescheitert war. Doch seitdem ist viel passiert und diese Entscheidung ist ein richtiger Schritt in der richtigen Richtung, auch, wenn das um 16:09 Uhr mit 441 Stimmen gegen 30 Gegenstimmen (bei 61 Enthaltungen) verabschiedete Gesetz vielen noch nicht weit genug geht.

Das neue Departement „Elsass“ wird künftig über erweiterte Kompetenzen in Bereichen verfügen, in denen es sinnvoller ist, mit Sachkenntnis vor Ort statt im fernen Paris zu entscheiden. So wird der Handlungsspielraum des Elsass in der Zweisprachigkeit, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, dem Tourismus und der Straßenverwaltung deutlich größer werden. Während die Befürworter des Projekts dieses neue Departement zurecht als einen wichtigen Schritt in Richtung eines neuen Kapitels der französischen Dezentralisierung sehen, haben sich andere mehr erhofft. Nur, in der Politik ist es illusorisch zu glauben, dass man alle glücklich machen kann.

Getragen wurde die Entscheidung von der Regierungspartei LREM, den konservativen Les Républicains (LR) und den Zentrumsparteien MoDem, UDI, Agir und Liberté et Territoires. Die Sozialisten enthielten sich der Stimme, während die linksextreme LFI dagegen stimmte. Geplant ist die Gründung des neuen elsässischen Superdepartements für den 1. Januar 2021. Zuvor muss noch eine Kommission mit 7 Abgeordneten und 7 Senatoren das Projekt absegnen – sollte sich diese Kommission nicht einigen können, wird der Gesetzentwurf zurück an die Nationalversammlung verwiesen, wo er dann endgültig angenommen würde. Die Chancen, dass diese Kommission („Commission mixte paritaire“) den Gesetzentwurf ablehnt, sind allerdings eher theoretischer Natur.

Die Kommentare auf die Entscheidung der Nationalversammlung waren gemischt. Während die einen Beifall klatschten, erklärten andere wie der LR-Abgeordnete Patrick Hetzel, dass man zwar für das Gesetz gestimmt habe, dieses allerdings deutlich zu kurz gegriffen habe. Doch wolle man diesen neuen Prozess nicht behindern, sondern diese Entscheidung als den Auftakt zu einer neuen Entwicklung zu sehen. Ebenfalls für das Projekt stimmte der Straßburger Abgeordnete und Vize-Präsident des Parlaments Sylvain Waserman (MoDem), der als Autor des viel beachteten „Rapport Transfrontalier“ die Möglichkeiten der Wechselwirkung zwischen neuem Departement und dem ebenfalls neuen Aachener Vertrag sieht.

Die elsässischen Autonomisten waren wie immer unzufrieden, denn alles, was sie wollen, ist eine eigenständige Region Elsass und damit den Ausstieg aus der erst 2016 ins Leben gerufenen Region Grand Est. Doch der Wunsch nach einer eigenständigen Region Elsass findet mit der Fusion der Departements ein jähes Ende – denn diese Fusion ist das „Trostpflaster“ dafür, dass es eben keine Region Elsass geben wird.

Warum es überhaupt noch Sozialisten im französischen Parlament gibt, bleibt fraglich. Die PS hat sich geschlossen der Stimme enthalten, doch wenn man als politische Partei keine Meinung und Position zu einer so wichtigen Frage wie der Organisation der Gebietsverwaltungen entwickeln kann, dann ist unverständlich, wofür man sich in ein Parlament wählen lässt. Langsam sieht man, wieso die traditionellen Parteien langsam, aber sicher von der politischen Bühne verschwinden.

Erst die Zeit wird zeigen, wie diese neuen Kompetenzen in der Praxis aussehen. Grundsätzlich kann man sagen, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch diese Entwicklung weiter Rückenwind erhalten sollte, denn zumindest theoretisch sind alle Weichen auf eine europäische Region Elsass gestellt.

Wenn in dieser neuen Konfiguration alle am gleichen Strang ziehen, dann brechen großartige Zeiten für das Elsass an. Man darf gespannt sein, ob alle die Chancen erkennen, die diese neue Situation bietet. Bevor wir jetzt aber mit einem Glas Elsässer Riesling anstoßen, warten wir noch die letzte Stellungnahme der „Commission mixte paritaire“ ab – und danach sollte man auch ein wenig feiern. Denn diejenigen, die sich so große Sorgen um die „elsässische Identität“ gemacht haben, sollten ebenso zufrieden sein wie diejenigen, die sich der europäischen Zusammenarbeit verschrieben haben. Also – Stichtag 1. Januar 2021!

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