Bauernproteste in Frankreich – es ist noch lange nicht vorbei

Der neue Premierminister Gabriel Attal dachte, sein Auftritt im Südwesten und ein paar Versprechungen würden reichen, die Proteste zu beenden. Er hat sich getäuscht.

Die Bauernproteste gehen in Frankreich weiter und könnten sich sogar verschärfen. Foto: Shougissime / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Kommunikation ist so ziemlich der einzige Bereich, in dem einige der Mitglieder der französischen Regierung gut sind. So auch der neue Premierminister Gabriel Attal, der mit seinen 34 Jahren meint, er könne den Franzosen das Leben und die Welt erklären. Bei seinem Auftritt im Südwesten Frankreichs am Freitagabend machte er ein paar Versprechungen und wirkte so richtig nett. Doch das einzige, was er erreichte, was eine kleine Spaltung der Bauern-Proteste, da er geschickt einen der Organisatoren, Jérôme Bayle, umgarnt hatte, so dass dieser erklärte, die Forderungen der Bauern wären zufriedenstellend erfüllt und die Auflösung „seiner“ Blockade der Autobahn A64 anordnete.

Doch mit seiner Einschätzung der Haltung der Regierung steht Jérôme Bayle in der französischen Bauernschaft ziemlich alleine da. Nach den Versprechungen von Gabriel Attal wurden diese von den verschiedenen Gewerkschaften und Organisationen der Bauern geprüft und für zu leicht befunden. Keine der angekündigten Maßnahmen stellt eine konkrete und unmittelbare Hilfe oder Verbesserung der Lebensumstände für die Bauern dar und folglich werden die meisten der protestierenden Bauern ihre Aktionen bereits am Montag fortsetzen und diese weiter verschärfen. Am Montag soll es Richtung des Großmarkts Rungis vor den Toren von Paris gehen, den größten Umschlagplatz für Lebensmittel in Europa, um diesen zu blockieren.

Das Vertrauen in die „Macronie“, das merkt man deutlich, existiert nicht mehr. Die aalglatten Vertreter der französischen Eliteschulen, die keine Ahnung haben, wie „normale“ Franzosen wirklich leben, haben es immer schwerer, die Menschen zu täuschen. Dies betrifft besonders die Kritik der französischen Bauern an den Freihandelsabkommen, beispielsweise mit dem weltgrößten Exportateur von Milchprodukten Neuseeland, wo das Versprechen Attals, dass sich die Regierung gegen ein weiteres Freihandelsabkommen mit Südamerika namens „Mercosur“ stemmen wird, einfach nicht geglaubt. Denn bisher haben die Abgeordneten der „Macronie“ im Europäischen Parlament systematisch für diese Abkommen gestimmt, weswegen die Bauern heute nicht glauben, dass die Zusage Attals auch tatsächlich eingehalten wird.

Der Versuch der „Befriedung“ dieser Proteste, die eine enorm breite Unterstützung der Bevölkerung haben, ist weitgehend gescheitert und wenn am Montag die Traktoren wieder in Richtung Paris rollen, könnte sich der Ton weiter verschärfen. Und während alle dachten, dass die erste echte Bewährungsprobe für Attal, der seinen Chef gerne bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2027 beerben würde, erfolgreich war, kündigten die aufgebrachten Bauern für Montag ab 14 Uhr die „Belagerung von Paris“ an.

Es wird auf ein Armdrücken zwischen den Bauern und der Regierung hinauslaufen, das nur die Bauern gewinnen können. Gegen die Bauern kann Innenminister Darmanin nicht seine Elite-Polizisten auflaufen lassen, denn die öffentliche Meinung ist klar auf Seiten der Bauern. Und die werden nicht lockerlassen, bis sie konkrete Ergebnisse statt schwammigen und technokratischen Versprechen sehen. Wer in Paris am Freitagabend dachte, die Nummer sei von Attal gelöst worden, der sieht sich heute getäuscht. Der „Bauernaufstand“ geht in die nächste Runde.

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