Blaubart in Straßburg: Wiederbezauberung der Wirklichkeit

Die Rheinoper in Straßburg führt die nur selten inszenierte Oper „Ariane und Blaubart“ von Paul Dukas auf. Das Singspiel um die Last der Freiheit und der Unerreichbarkeit der Erlösung hat am Sonntag Premiere.

Am Sonntag hat "Ariane und Blaubart" in Straßburg Premiere. Eine irgendwie zeitlose Oper. Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(Von Michael Magercord) – Wieviel Wirklichkeit verträgt der Mensch? In Momenten des Glücks befindet sich ein Mensch immer ein wenig außerhalb der Realität. Im Unglück auch. Und in der Oper sowieso.

Glück und Unglück, beide scheinbar so gegensätzlichen Gefühlszustände werden ab Sonntag auf der Bühne der Rheinoper in Straßburg zusammen gebracht. „Ariane et Barbe-Bleue“ heißt die Oper von Paul Dukas aus dem Jahre 1907, in der dieses Kunststück vollführt wird.

Zwei Welten stehen nebeneinander auf den Brettern, die die Welt bedeuten: Ein apokalyptischer Kelleraum des Stillstandes, worin fünf, auf schlimmste malträtierte Frauen eingeschlossen sind im Verlies des grausamen Burgherren Blaubart. Daneben eine zweite, freie Welt in Bewegung, zu der sich ein Fenster öffnet. Die Heldin Ariane versucht nach Kräften ihre Leidensgenossinnen dazuzubringen, den Weg in die Freiheit zu nehmen. Nur was, wenn keiner in die Freiheit will, oder genauer: keine, und die Opfer lieber in ihrem gewohnten Gefängnis verbleiben?

Apokalypse mit Ausgang in die Freiheit – wenn das nicht ist, wie das Leben selbst? Und die Wahl zwischen Freiheit und Gewohnheit – wenn das nicht an so manche Entscheidungssituation im Leben erinnert? In jedem einzelnen Zuschauer, so jedenfalls meint Pierre-André Weitz, der Bühnenbilder dieser Inszenierung, entfaltet sich der dritte Raum, in dem sich beides verbindet, denn er ist das Opfer und der Täter zugleich: Opfer der Darstellung und als jener, der dem Dargestellten eine Bedeutung gibt, eben auch ein Täter.

Und zu deuten soll es in dieser Inszenierung einiges geben: einen Wald im Negativ, Tiere als Menschen und umgekehrt – der bekannte und engagierte Regisseur Olivier Py und sein Bühnenbilder streben nichts Geringeres an, als die Wiederbezauberung der Bühne. „Die Schönheit ist ein flüchtiges Gut, das zumindest auf der Bühne für Augenblicke zur Entfaltung kommen sollte, wo doch die Poesie sich in unserer Zeit überall sonst auf dem Rückzug befindet“, sagt Pierre-André Weitz.

Theater und besonders die Oper kann diese kostbaren Momente, wenn die Wirklichkeit einmal Pause hat, erschaffen. Wieviel Poesie braucht der Mensch, um die reale Welt auszuhalten? Dieser Frage darf man sich ab Sonntag in Straßburg und Mitte Mai noch zweimal in Mulhouse auf höchstem musikalischen und darstellerischem Niveau aussetzen.

Straßburg – Opéra du Rhin
So. 26. April, 15 Uhr
Di. 28. April, 20 Uhr
Do. 30. April, 20 Uhr
Mo. 4. Mai, 20 Uhr
Mi. 6. Mai, 20 Uhr

Mulhouse – La Filature
Fr. 15. Mai, 20 Uhr
So. 17. Mai, 15 Uhr

Informationen und Eintrittskarten unter www.operanationaldurhin.eu

Konferenz mit Regisseur Olivier Py und Bühnenbildner Pierre-André Weitz
in der Straßburger Buchhandlung Librairie Kléber (auf Französisch)
Sa. 25. April, 18.30 Uhr
Eintritt frei

Informationen zur Oper gibt’s HIER.

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