CETA – Europa gegen seine Bürgerinnen und Bürger

Angesichts des Ratifizierungs-Marathons, den das CETA nun durchlaufen muss und in dessen Verlauf es scheitern wird, hat die überstürzte Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen Kanada und der EU nur eines bewirkt – den Verlust des letzten bisschen Vertrauens in die EU.

Ils sont fiers après la signature du CETA. Mogherini, Juncker, Tusk, Schulz... und sie sollten sich eigentlich eher schämen. Foto: (c) European Union 2016 / Source EP

(KL) – Da saßen sie nun in Brüssel, unterzeichneten das Freihandelsabkommen CETA zwischen Kanada und der Europäischen Union und waren, wie so oft, richtig zufrieden mit sich selbst. Endlich konnte man es den dämlichen Bürgerinnen und Bürgern mal zeigen, was eine Harke ist! Millionen Unterschriften gegen das CETA? Na und? Probeabstimmungen in verschiedenen Ländern, in denen sich die Parlamente gegen CETA aussprachen? Na und? Umfragen, die zeigen, dass die Mehrheit der Menschen in Europa gegen CETA ist? Na und? Da saßen sie nun in Brüssel, waren zufrieden mit sich selbst und merkten nicht einmal, dass sie gerade das letzte Vertrauen der Menschen in ihre Institutionen zerstört hatten. Für ein Abkommen, dass den komplizierten Ratifizierungsprozess im Europäischen Parlament und vor allem danach in den nationalen Parlamenten nicht überstehen wird. Und offenbar merkt das europäische Spitzenpersonal noch nicht einmal, was es erneut für einen Schaden angerichtet hat.

Dass die Menschen in Europa seit Monaten die Geheimniskrämerei rund um CETA und TTIP als undemokratisch, unmodern und unverständlich betrachten und bezeichnen, stört keinen Jean-Claude Juncker, keinen Donald Tusk, keine Federica Mogherini und auch keinen Martin Schulz. Denn alle diese europäischen Spitzenkräfte haben ein massives Problem, wenn es um das Demokratieverständnis geht. Denn es ist keine demokratische Spitzenleistung, soziale und gesellschaftliche Errungenschaften auf derart undemokratische Weise den Interessen von multinationalen Konzernen zu opfern, genau denjenigen Konzernen, für die ein Jean-Claude Juncker ein System erfunden hat, in dem sie keine Steuern zahlen müssen. Sondern es ist die Bankrotterklärung der europäischen Institutionen in ihrem aktuellen Zustand.

Es ist schwer nachzuvollziehen, warum dieses unglückselige Abkommen in derartiger Hektik unterzeichnet werden musste, nachdem jahrelang unter absoluter Geheimhaltung verhandelt und gemauschelt wurde – und nach all diesen Jahren musste CETA nun in so unfertigem Format durchgepeitscht werden? Auf die Frage nach dem „warum?“ gab es bislang keine Antwort. Aber nachlesen sollten Sie die über 2200 Seiten des CETA schon… können Sie, wenn Sie HIER KLICKEN

Die großen Verlierer dieses ganzen Feuilletons rund um das CETA sind diejenigen, die sich heute selbst als die großen Gewinner feiern. Und eigentlich müssten sie es besser wissen. Nachdem in verschiedenen Ländern Probeabstimmungen zum Thema CETA nicht nur in Belgien, sondern auch in anderen Ländern ein klares „Nein“ zu diesem unausgegorenen Vertrag erbracht haben, stehen die Chancen mehr als hoch, dass CETA nicht in allen 28 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden wird. Und da Europa immer noch nach dem anachronistischen Prinzip der Einstimmigkeit funktioniert, wird CETA am Ende keine 28 „Ja“ einsammeln und damit hinfällig werden. Und diejenigen, die es gegen den Willen der Menschen in Europa durchgeboxt haben, stehen dann als das da, was sie sind: undemokratische Vertreter einer abgehalfterten Politikergeneration, deren Einstellung zu Politik und Demokratie vollständig überholt ist.

Sollen Sie noch bis 2019 feiern, sich selber großartig und uns Bürger überflüssig und blöd finden – 2019 wird ein neues Europaparlament gewählt und das muss die Stunde der „Generation Erasmus“ werden. Wenn wir es 2019 nicht schaffen, uns ein richtig gutes Parlament zu wählen, dann dürfte es mit einem geeinten und demokratischen Europa vorbei sein. Und langsam, aber sicher reicht es mit diesen Politikern, die eine „Erdoganisierung“ Europas betreiben und inzwischen so schmerzfrei sind, dass sie überhaupt nicht mehr merken, wie sie Europa und den „europäischen Traum“ ruinieren.

Das CETA ist kein Erfolg, sondern die Bankrotterklärung des demokratischen Europas. Eine Schande.

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