Coronavirus – Man wird ja wohl mal nachfragen dürfen…

Nach wie vor wundern sich viele darüber, dass es im Sars-CoV-19-Epizentrum Wuhan ein P4-Labor gibt, das sich auf die Arbeit mit ebensolchen Viren konzentriert.

Die Präsenz eines P4-Labors mitten im virengeschüttelten Wuhan wirft Fragen auf. Foto: Chinanews.com / China News Service / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Man kann das Nachfragen nach der Rolle des P4-Labors in Wuhan als „Verschwörungstheorie“ abqualifizieren, doch damit macht man es sich zu einfach. Das P4-Labor in Wuhan, das in intensiver Zusammenarbeit mit dem französischen Staat betrieben wird, gehört zum chinesischen Militärkomplex und arbeitet nicht nur an der Erkennung und Entwicklung möglicher Behandlungswege für neue Viren, sondern eben auch an der Entwicklung biologischer Waffen. In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, in denen Verantwortliche des Labors zu hohen Geldstrafen verurteilt wurden, weil sie Versuchs-Affen auf dem nur rund 300 Meter entfernten Tiermarkt verkauft hatten. Und daher sollten Nachfragen erlaubt sein und nur klare und transparente Antworten könnten das Entstehen solcher „Verschwörungstheorien“ verhindern. Doch genau diese Antworten gibt es nicht.

Ich schwöre bei meinem Leben, dass das neue Coronavirus nicht aus unserem Labor stammt“, sagte Shi Zhengli, die stellvertretende Leiterin des P4-Labors in Wuhan. Aber das interessiert eigentlich niemanden. Interessant wäre vielmehr, würde das Labor transparent offenlegen, woran seit letztem Herbst gearbeitet wurde, mit welchen Mitteln, wo die Versuchs-Affen abgeblieben sind und das alles möglichst lückenlos. Nur so könnte man den Verdacht entkräften, dass das neue Virus genau dort entweichen konnte, wo daran gearbeitet wurde. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es von diesen P4-Labors weltweit nur eine sehr geringe Anzahl gibt.

Das „Schwören bei ihrem Leben“ ist die wohl unwissenschaftlichste Antwort, die eine Wissenschaftlerin geben kann – genau mit solchen ausweichenden Antworten werden Verschwörungstheorien stimuliert. Das Argument, dass die Arbeit dieses P4-Labors unter die militärische Geheimhaltung fällt, darf in einer Pandemie-Situation wie der aktuellen keine Rolle spielen. Wenn die Experten der WHO (World Health Organisation) inzwischen übereinstimmend davon ausgehen, dass 40 bis 70 % der Weltbevölkerung eine persönliche Begegnung mit dem Sars-CoV-19 haben werden, dann haben wir ein Recht darauf zu erfahren, was die P4-Labors eigentlich konkret machen und speziell das in Wuhan, das sich „zufällig“ im Epizentrum dieser Pandemie befindet.

Dass wir zu vielen Fragen bezüglich des Coronavirus keine Antworten erhalten, weil auch die Wissenschaftler noch weitgehend im Dunkeln tappen, ist eine Sache. Damit kann man umgehen. Dass man aber keine Antworten zu diesem P4-Labor erhält, ist irritierend. Sollten die Behörden Verschwörungstheorien vermeiden wollen, dann müssen sie auch transparent mit der Situation umgehen. Wenn die stellvertretende Direktorin eines Labors, das sich mitten im Herd dieses Virus befindet und mit genau solchen Viren hantiert, lediglich vor laufenden Kameras „schwört“, dass das alles nichts mit ihrem Labor zu tun hat, dann ist das eben zu wenig. Dies ist keine Information, sondern eine Informationsverweigerung. Und genau so etwas regt zu den wüstesten Spekulationen an.

Wir befinden uns gerade in einer Ausnahmesituation, in der zufälligerweise einmal die ganze Welt eine deckungsgleiche Interessenlage hat. In so einer Situation Informationen zurück zu halten, ist geradezu verantwortungslos – nicht irgendjemandem gegenüber, sondern gegenüber der ganzen Welt.

Hören wir uns noch einmal Frau Shi Zhengli an: „Dieses Virus ist eine Strafe der Natur für die Menschheit, um deren nicht zivilisierten Lebensstil zu bestrafen. Diejenigen unter Ihnen, die Gerüchten oder angeblich wissenschaftlichen Analysen nicht qualifizierter Wissenschaftler glauben, rate ich, ihre verdammten Schnauzen zu halten.“ Na, das klingt jetzt aber auch nicht gerade sehr wissenschaftlich. Daher nochmal nachgefragt – was hat es denn mit dem P4-Labor in Wuhan auf sich?

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