Das Gesundheitssystem muss reformiert werden

Die Lage in den Krankenhäusern ist erneut katastrophal. Die Regierung kann kaum gegensteuern und irgendwann wird man die Frage beantworten müssen, ob wir mit dieser Klassen-Medizin weitermachen wollen und können.

Immer öfter irren Krankenwagen durch die Städte, da die Krankenhäuser die transportierten Patienten nicht aufnehmen können. Foto: Sillerkiil / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Krankenhäuser, die Verbände, die Ärzte – alle schlagen Alarm. Die Covid-19-Krise hat es schonungslos ans Tageslicht gebracht: Das Gesundheitssystem steht am Anschlag und ist bereits heute nicht mehr in der Lage, alle Patienten korrekt zu versorgen. Da fehlen Medikamente, da die Pharmafirmen nicht mit der Produktion hinterherkommen; da sind Krankenhäuser völlig überfüllt; da fehlen Ärzte und Pflegekräfte und es werden aufgrund dieses Personalmangels ganze Krankenhaus-Stationen geschlossen. Dabei ist die Covid-Pandemie nur noch ein Belastungs-Element, momentan ist die aktuelle Grippewelle deutlich virulenter als Covid. Was allerdings nicht bedeutet, dass die kommenden Covid-Winterwellen zu unterschätzen sind.

Das offenbar größte Problem neben dem Personalmangel sind Lieferengpässe dringend benötigter Medikamente, wie Apotheker-Verbände und Ärzte übereinstimmend beklagen. Laut einer Sprecherin des Deutschen Hausärzteverbandes müssen die Ärzte gerade viel Zeit aufwenden, um Ausweichmedikamente zu finden und Therapien umzustellen und diese Zeit fehlt natürlich für die Versorgung der Patienten, die momentan die Praxen stürmen – aktuell zeigen die Zahlen, dass rund 10 % der deutschen Arbeitnehmer krankgeschrieben sind.

Bundesgesundheitsminister Lauterbach kämpft da gerade einen einsamen Kampf. Letztlich bräuchte er Zeit, viel Zeit, doch die Ausbildung von Medizinern und Pflegekräften kann eben nicht verkürzt und beschleunigt werden. Insofern kommen praktisch alle Maßnahmen, mit denen die aktuelle Lage verbessert werden könnte, viel zu spät und können, wenn überhaupt, ihre Wirkung erst in Jahren entfalten. Bis dahin wird wohl Versorgungsnotstand herrschen.

Diese Entwicklung führt zu grundlegenden Fragen. Ist medizinische Versorgung eine „Luxus-Dienstleistung“, die sich nur noch die Reichen leisten können? Das ist heute bereits der Fall, doch die Frage lautet, ob Medizin weiterhin ein „Business“ sein soll oder ob eine korrekte medizinische Versorgung zu den Grundrechten der Menschen gehört. Doch so lange private Akteure enorm viel Geld innerhalb des Gesundheitssystems verdienen, wird sich kaum etwas ändern.

Minister Lauterbach kann einem im Grunde leidtun. Von ihm wird nicht weniger verlangt als die Quadratur des Kreises, doch diese wird nicht gelingen, solange die Grundlagen der Gesundheitsversorgung Geschäftsmodellen unterworfen sind.

Angesichts der weltweiten Entwicklungen rund um den Krieg in der Ukraine, aber auch angesichts der nächsten Covid-Wellen, die unausweichlich sind, stehen wir auch im Gesundheitsbereich erst am Anfang einer sehr unguten Entwicklung. Die Lage in den Krankenhäusern und in den Arztpraxen wird sich in absehbarer Zeit nicht etwa verbessern, sondern weiter verschlechtern. Wie in anderen Bereichen müssten nun radikale Reformen durchgezogen werden, doch dazu wird es nicht kommen, so lange so viele Menschen in diesem System unglaublich viel Geld verdienen. Wie Lauterbach & Ko. diesen gordischen Knoten lösen wollen, steht in den Sternen.

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