Das schwedische Rätsel
Der Mord an Olof Palme – auch 35 Jahre danach ist kein Täter in Sicht.
(Karl-Friedrich Bopp) – Vor 35 Jahren, am 28. Februar 1986, wurde in Stockholm der schwedische Ministerpräsident Olof Palme im Alter von 59 Jahren ermordet. Er war zusammen mit seiner Frau im Kino gewesen, als er auf dem Weg nach Hause kaltblütig aus nächster Nähe erschossen wurde.
Die 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts waren geprägt vom Ost-West-Konflikt. Das neutrale Schweden mit seinem Ministerpräsidenten versuchte sich in diesen Zeiten als Mittler zwischen den verfeindeten Welten. Insgesamt stand Schweden und Olof Palme in dieser Zeit als Symbol für einen starken Sozialstaat, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit. Außenpolitisch hatte die Stimme Schwedens Gewicht.
Umso mehr war die Welt von dieser schrecklichen Tat geschockt. Auch in der schwedischen Gesellschaft hinterließ der Mord ein Trauma. Warum musste Olof Palme verschwinden? Wem stand er im Weg? Dass nach 35 Jahren weder Täter noch Motiv eindeutig identifiziert wurden, das führt dazu, dass sich die wildesten Komplott-Theorien weiterentwickeln.
Das betrifft einmal Schweden selbst. Mögliche Motive wurden in der schwedischen rechtsradikalen Szene gefunden. Verbindungen zu einer rechtsextremen Unterabteilung der Polizei, die Palme erkennbar auflösen wollte, wurden hergestellt. Überhaupt die Polizei. Erst der dritte Anruf erzielte an diesem denkwürdigen Abend eine Wirkung. Die lokale Presse erfuhr erst Stunden nach den Kollegen aus anderen europäischen Ländern von den Vorgängen. Die zwei verwendeten Projektile wurden nicht etwa von der Polizei, sondern von Passanten gefunden.
Aufgrund der Tatsache, dass Olof Palmes Meinung zu internationalen Krisen Bedeutung hatte, wurden auch in dieser Richtung Motive verfolgt. Da war zum einen die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans). Olof Palme unterstützte in der Kurdenfrage die offizielle Linie der türkischen Regierung. Dann führten Spuren nach Südafrika. Das Apartheid-Regime war noch an der Macht und verfolgte ihre Kritiker mit allen Mitteln – Olof Palme war einer der lautesten unter ihnen. Noch eine Woche vor seiner Ermordung verglich er Apartheid mit der Ausgrenzung und Eliminierung ethnischer Gruppen in der Nazi-Zeit. Selbst Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) sollen sich zur Tat bekannt haben. Angeblich aus Rache am schwedischen Verhalten bei der Besetzung der deutschen Botschaft in Stockholm.
Alle diese wilden Theorien konnten natürlich nur deshalb gedeihen, weil den schwedischen Ermittlern nur eines attestiert werden kann – totales Versagen. Alle fünf Jahre, wenn das traurige Ereignis wieder in den Medien aufgenommen wird, sind die benutzten Begriffe dieselben – „totale Havarie“, „Fiasko“ und „Skandal“. Alle fünf Jahre werden dieselben wagemutigen Thesen wiederholt, weil die Ermittlungen in all den Jahren weder einen gerichtsfesten Beweis, noch eine Mordwaffe und schon gar keine DNA-Spuren vorlegen konnten.
Als Politiker wird Olof Palme als ein Mann in Erinnerung bleiben, der sich stets für Abrüstung und internationale Verständigung eingesetzt hat. Er setzte sich auch nachhaltig für einen Nord-Süd-Dialog ein, um die Entwicklung der Dritten Welt voranzutreiben. Als Ministerpräsident des neutralen Schweden setzte er sich für atomwaffenfreie Korridore in Europa ein in Zeiten, wo man noch glaubte, dass nur mehr Atomwaffen für die notwendige Abschreckung und dauerhaften Frieden sorgen könnten. Selbst wenn der Mord inzwischen verjährt ist, Olof Palmes Attentat verdient eine Aufklärung.
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