Das schwierige Erbe der Kolonialkunst

Wie soll man mit während der Kolonialzeit geraubter Kunst umgehen? Die Frage beschäftigt Museen in allen früheren Kolonalmächten. Und sie sollte schnell gelöst werden.

Eine europäische Richtlinie für den Umgang mit geraubter "Kolonialkunst" ist überfällig... Foto: Carole Raddato from Frankfurt, Germany / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Die Nachricht ging am 11. Oktober 2020 durch die Hauptnachrichten in den Niederlanden. Das Gemälde „Plantagenkerkshoven“, die ein Landgut aus Kolonialzeiten in Surinam darstellt, sollte vom Museum „Het Valkhof“ in Nijmegen nach Surinam zurückgegeben werden. Doch drei Jahre nach der Grundsatzvereinbarung übernahm in Nijmegen eine neue Museumsdirektorin die Leitung. Sie fand, dass das Gemälde in Nijmegen bleiben sollte, um so vor Ort die Auseinandersetzung mit der Kolonialvergangenheit zu thematisieren. Umso mehr, da es sich bei dem Stück um eine geschenkte Malerei handeln würde.

Und plötzlich war sie wieder da. Die Diskussion um die Kolonialkunst. Gibt es überhaupt so etwas wie „geschenkte“ Kolonialkunst? Ist die feine Differenzierung zwischen „geschenkt“ und „geraubt“ im Zusammenhang mit Kolonialkunst eigentlich haltbar? Werfen wir einen Blick auf den Stand der Diskussion in Frankreich und Deutschland.

In Deutschland hat dieses Thema in letzter Zeit eine gewisse Bedeutung erlangt, da im Augenblick hart an der Eröffnung des Humboldt-Forums in Berlin gearbeitet wird, wo größere Bestände auch afrikanischer Kunst gezeigt werden sollen. Ein Expertengremium hat den Auftrag, vor ihrer Ausstellung 75 000 Objekte sorgfältig auf ihre Herkunft zu überprüfen. Eine nicht ganz einfache Aufgabe, denn so mancher Kunsthändler, der Anfang des letzten Jahrhunderts afrikanische Kunstwerke legal gekauft hatte, wusste gar nicht, wie der damalige Besitzer sie erworben hatte. Und was ist schon von „Geschenken“ zu halten, die unter Besatzungsbedingungen überreicht wurden?

In Frankreich hat Präsident Macron im November 2017 deutlicher Stellung bezogen. In den nächsten fünf Jahren seien „die Voraussetzungen für zeitweilige oder endgültige Restitutionen des afrikanischen Erbes an Afrika“ zu schaffen. Seitdem wird mit Eifer diskutiert, was der Präsident mit „Voraussetzungen“ wohl gemeint habe.

Vielleicht dachte er an die Sorge, dass Rückgaben nicht zugestimmt werden könne, wenn wertvolle Objekte womöglich nicht gut und sicher aufbewahrt werden würden. Oder vielleicht dachte er gar an die Möglichkeit, dass durch korrupte Mechanismen ein zurückgegebenes Kunstobjekt in den Privathandel gelangen könnte?

Aber allen Ernstes, ist das Konzept eines Museums nicht eine europäische Erfindung? Soll man von den afrikanischen Ländern denn wirklich erst die nötigen Voraussetzungen an Räumen und Fachpersonal einfordern, bevor an eine geordnete Rückgabe gedacht wird?

Nur eines scheint in der Diskussion festzustehen. Kunstwerke, die unrechtmäßig oder unter Gewalteinwirkung erworben wurden, sollten wieder zurückgegeben werden. Eine Konvention des UNESCO aus dem Jahre 1970 könnte hilfreich sein. Sie verbietet illegalen Handel von Kulturgütern und verlangt die Rückgabe im Falle von Verstößen.

Was das Kunstwerk „Plantagekerkshoven“ angeht, müssen interessierte Surinamer weiterhin das Museum in Nijmegen in den Niederlanden besuchen, wenn sie das Original bewundern wollen. Vielleicht wird es ja zumindest einmal ausgeliehen. Bis dahin kann weiterhin vor Ort eine Kopie bewundert werden.

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