Das Wunder von Berlin…

… und die Rede ist nicht vom Fall der Mauer!

Begeisterung sieht anders aus - Demo noch vor der Eröffnung von BER am Samstag... Foto: Leonhard Lenz / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(Karl-Friedrich Bopp) – Letzten Samstag, am 31. Oktober 2020, war es soweit. Der neue Flughafen der Hauptstadt Berlin, genannt Berlin-Brandenburg „Willy Brandt“ (BER), wurde endlich eröffnet. Wäre solch ein Ereignis nicht richtig Grund zum Feiern? Mit Zuprosten von Prominenz aus Politik und Wirtschaft? Nein, nicht nur wegen Covid-19 wurde der Feiertrubel eher klein gehalten.

Eigentlich war die Eröffnung am 30. Oktober vorgesehen. Was ist schon ein Tag bei solch großen Vorhaben. Nur, der ursprüngliche Termin lag im Jahre …. 2011. Seitdem konnten glatte fünf weitere Starttermine nicht eingehalten werden. Gleichzeitig verdreifachten sich die Kosten auf sechs Milliarden Euro.

Weitere Beispiele von Bauvorhaben, die sich verzögerten und teurer als vorgesehen ausfielen können leicht hinzugefügt werden. Nennen wir im Augenblick nur den neuen Bahnhof „Stuttgart 21“ oder aber die Elbphilharmonie in Hamburg. Was ist also los mit der deutschen Ingenieurskunst? Ist ihr guter Ruf etwa in ernster Gefahr?

Nach Schuldzuweisungen wird gesucht. Die Bauwirtschaft sieht das Problem in den Amtsstuben. Zulange wird über großen Infrastrukturprojekten gebrütet. Dabei wird vergessen, dass sich in der Zwischenzeit Bau- und Sicherheitsvorschriften ändern. Auch die Politik wird angeprangert. Zu häufig würde sie mit Sonderwünschen in die Planung eingreifen.

Ein weiterer Grund sei die von der Politik gewünschte Zerstückelung der Auftragsvergabe. Die eigentlich gute Idee dabei ist, dass auch kleinere Firmen so zum Einsatz kommen sollen. Nur, die Notwendigkeit einer effizienten Koordinierung bei Bauvorhaben wird dadurch umso grösser.

Nach einer Studie aus dem Jahre 2016 der „Hertie School of Governance“ über Planung und Management von Infrastruktur-Projekten ist Deutschland auf dem elften Platz gelandet und liegt damit hinter Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden oder Frankreich. Nun wurde es ernst um den guten deutschen Ruf.

Bei so einem Platz im Mittelfeld musste politisch gehandelt werden. Auf der Ebene des Bundesverkehrsministeriums wurde eine Reformkommission eingesetzt mit dem Titel „Bau von Großprojekten“. Sie sollte Schwachstellen benennen und Vorschläge für deren Behebung unterbreiten. Die Kommission monierte insbesondere „politisch motivierte Baukostenschätzungen“ und vor allen Dingen „die Ausschreibung von noch nicht voll durchgeplanten Bauvorhaben“.

Was den Hauptstadtflughafen angeht, wurden die Bauverzögerungen insbesondere mit der unseligen Tradition im öffentlichen Bau begründet, dass die Bauherren während der Bauphase immer wieder neue oder geänderte Anforderungen stellen.

Ob es ein Trost ist? Auf der europäischen Ebene läuft es auch nicht besser. Der Europäische Rechnungshof hat im Juni dieses Jahres Bauverzögerungen und hohe Kosten bei europäischen Großprojekten moniert. Acht von der Europäischen Union mitfinanzierte Großprojekte wurden untersucht, darunter die Eisenbahnstrecke Lyon-Turin. Ergebnis: Die Arbeiten dauerten im Durchschnitt elf Jahre länger als geplant und die Kosten stiegen mit der Zeit um fast 50 Prozent. Na dann.

In Berlin landeten jedenfalls am letzten Samstag auf dem neuen Flughafen die ersten zwei Flugzeuge, mit an Bord Gäste aus Politik, Wirtschaft sowie Medien und Mitarbeiter der Fluggesellschaft. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller ließ sich dann doch zu pathetischen Worten hinreißen. „Dieser Flughafen ist auch ein Stück Wiedervereinigung und Nachwendegeschichte“. Da war dann doch noch ein Hauch von Mauerfall im Spiel.

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