Debatte der Giganten

Zum ersten Mal überhaupt kam es im französischen Fernsehen zu einer Live-Debatte zwischen den fünf aussichtsreichsten Kandidaten für das höchste französische Staatsamt.

Keine Gewinner, keine Verlierer, aber viel politische Leere... Foto: Screenshot

(KL) – Die „Amerikanisierung“ der europäischen Wahlkämpfe geht weiter. Zum ersten Mal (und auch zum letzten Mal) diskutierten die fünf aussichtsreichsten Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen live im Fernsehen und lieferten sich dabei dreieinhalb Stunden lang einen insgesamt eher müden Schlagabtausch. Ob diese Diskussion tatsächlich viele Wählerinnen und Wähler von dem einen oder anderen Kandidaten überzeugen konnte, bleibt fraglich.

Bereits im Vorfeld dieser Debatte gab es Ärger – denn die sechs „kleinen“ Kandidaten, die eher zur französischen Wahlfolklore als zur politischen Landschaft gehören, waren erst gar nicht eingeladen worden. Doch auch so war die Debatte schon schwierig genug – zu viele Themen wurden durchgehechelt und zu den meisten Themenblöcken war von den Kandidaten wenig mehr zu hören als die üblichen Allgemeinplätze. Aber immerhin ermöglichte diese Debatte die Verortung der Kandidaten im politischen Spektrum.

Der beste Rhetoriker der fünf war zweifelsfrei der linksextreme Jean-Luc Mélenchon, der eine gute Vorstellung in der Rolle des dozierenden Professors gab, der leicht genervt von der Begriffsstutzigkeit seiner Kollegen erklärte, wie Frankreich künftig zu funktionieren habe. Geschickt manövrierte er seinen Konkurrenten im linken Spektrum Benoît Hamon in die politische Nähe von Emmanuel Macron, um sich als den „einzig wahren linken Kandidaten“ zu präsentieren. Auch mit seinem Alter kokettierte Mélenchon: „Mit 65 Jahren bastle ich nicht mehr an einer Karriere – ich habe eine Aufgabe zu erfüllen“. Klar ist, dass Mélenchon die Sozialpolitik in den Mittelpunkt stellt. Über eine konsequente Anpassung der Gehälter von Frauen an diejenigen der Männer will er die Steuereinnahmen über die Einkommenssteuer erhöhen und dieses Geld in ein ambitioniertes Projekt der Rente mit 60 stecken.

Benoît Hamon, der Gewinner der Vorwahlen der Sozialisten, suchte ein wenig nach seinen politischen Gegnern. Sein kurzer Schlagabtausch mit Emmanuel Macron war für beide wenig gewinnbringend, aber Hamon steht auch für das Thema der Sozialpolitik, insbesondere mit seinem Projekt des bedingungslosen Grundeinkommens. Dazu spielte Hamon die Karte der Transparenz und der politischen Korrektheit aus, wobei er zwischen den Zeilen darauf hinwies, dass er gerade im Gegensatz zu anderen Kandidaten keine juristischen Verfahren laufen hat. Insgesamt wird Hamon sehr kämpfen müssen, um sich als glaubwürdiger Kandidat für linke Wähler zu präsentieren.

Emmanuel Macron, der frühere Wirtschaftsminister, zeigte, was er unter „nicht links, nicht rechts“ versteht und outete sich als Vertreter stramm rechter Positionen, vor allem in Fragen der Sicherheit, in denen er versuchte, Punkte bei den rechten Wählergruppen zu holen. Zwischendurch wirft er immer mal wieder die eine oder andere eher „linke“ Position in die Debatte, doch kann er nicht verbergen, dass er für eine liberale, rechte Politik steht.

In diesem rechten Spektrum ist das Ziel von Macron klar – er will die Wähler des konservativen François Fillon für sich gewinnen. Fillon, sichtlich gezeichnet von seinen laufenden Rechtsverfahren und der damit verbundenen Kritik an seiner Person, scheint selbst nicht mehr richtig an einen Erfolg zu glauben. Sein „ich bin der Einzige, der Frankreich in die Zukunft führen kann“, klang wenig glaubwürdig und fast trotzig. Eine insgesamt farblose Vorstellung des Konservativen.

Die rechtsextreme Marine Le Pen überraschte anfangs durch mangelnde Dossierkenntnis, dann durch ein flapsige und nicht der Situation angemessene Ausdrucksweise. Das platte Wiederholen ihrer üblichen fremdenfeindlichen Slogans brachte wenig Neues und einzig ihr Vorschlag, Frankreich solle aus dem Euro aussteigen und einen „neuen Franc“ einführen, brachte ihre gesamte Konkurrenz zum Reagieren. Fast witzig war ihre Ankündigung „nichts gegen den Willen der Wähler zu unternehmen“ – was man dann als Versprechen verstehen kann, aus Frankreich keine Diktatur nach dem Vorbild der Türkei machen zu wollen. Wie beruhigend.

Richtige Gewinner oder Verlierer gab es auch nach dreieinhalb Stunden Debatte nicht – dazu blieb alles zu sehr an der Oberfläche, da zu viele Themenbereiche gestreift wurden. Nur eines scheint klar zu sein: Wer immer nächster Präsident Frankreichs sein wird, er (oder sie) wird ohne Begeisterung gewählt werden. Es wird nur eine Wahl des vermeintlich geringsten Übels werden und alleine das sind keine guten Aussichten für die nächsten Jahre in Frankreich und Europa.

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