Der Feind im eigenen Haus

Das Ungarn von Viktor Orban hat nichts mehr in der Europäischen Union und der NATO zu suchen. Der Top-Verbündete von Wladimir Putin muss gestoppt werden. Nun sind die Institutionen gefordert.

Wer mit dem Kriegsherrn Putin schmust, hat nichts mehr in EU und NATO verloren. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Das Ungarn von Viktor Orban ist ein fester Verbündeter von Russland, schließt neue Verträge mit dem Kreml ab, zum Beispiel für die Finanzierung eines neuen Atomkraftwerks in Ungarn, das mit russischen Krediten realisiert wird; das Ungarn von Viktor Orban bezieht weiterhin russisches Gas aus direkten Pipelines und spielt seit Jahren nicht nach europäischen Regeln. Doch wie lange noch ist ein Verbündeter des russischen Kriegsherrn für die Europäische Union und die NATO tragbar?

Jede Woche fällt Viktor Orban etwas Neues ein. So macht er seine Zustimmung zu weiteren Ukraine-Hilfen von der Freigabe eingefrorener EU-Gelder aus Brüssel abhängig, verbietet Medien und ONGs, die mit westlichen Geldern finanziert werden und jammert bereits öffentlich, dass ihm bereits heute das „Polen von gestern“ fehlt, sprich das Land, das gemeinsam mit Ungarn die EU seit Jahren am Nasenring durch die Manege führt. Zum Glück haben die Polen bei den jüngsten Wahlen für Europa und Donald Tusk und gegen den Ungarn-kompatiblen, neonationalistischen Kurs der letzten Regierung gestimmt, so dass Orban plötzlich in der EU ziemlich alleine dasteht. Doch das stört ihn nicht, denn nicht in Brüssel, sondern in Moskau sitzen seine Freunde. Ungarn unter Viktor Orban wird nun langsam zu einer Bedrohung der EU und der achselzuckende Hinweis aus Brüssel, dass leider die EU- und NATO-Regeln keinen Ausschluss eines Mitgliedsstaats vorsehen, wird der Situation nicht mehr gerecht.

Dann soll man in Brüssel eben die aktuelle EU auflösen und sofort eine neue EU gründen, mit einem anderen Regelwerk, und die NATO sollte ebenso verfahren. Denn es kann nicht sein, dass die EU ein Land durchfüttert, das keinerlei europäische Regeln einhält oder europäische Werte respektiert. Ungarn ist heute Russlands fünfte Kolonne in Europa und es wäre geradezu lächerlich, würde die EU es dabei bewenden lassen.

Wer heute mit Russland gegen die EU und deren Interessen paktiert, kann nicht länger Mitglied dieser Kontinental-Organisation sein und bei der NATO muss man sich, ebenso wie für die Türkei, die Frage stellen, wie lange man noch einem Russland-Verbündeten Zugang zu allen militärischen Geheimnissen des nordatlantisches Verteidigungsbündnisses gewähren will.

Eine Neugründung der EU wäre auch der richtige Zeitpunkt, die Institutionen zu reformieren und neu aufzustellen. Die Europäische Kommission, in der die Korruption hinter verschlossenen Türen zum Konzept gemacht wurde, sollte aufgelöst werden, das Parlament sollte aufgewertet und mit „europäischen Ministerien“ und Kontrollfunktionen ausgestattet werden und der Europarat sollte die diplomatische Vertretung der EU gegenüber der Welt übernehmen. Das Ganze mit einem Regelwerk, das ermöglicht, Mitgliedsstaaten, die gegen europäische Grundregeln verstoßen, aus diesem Verbund auszuschließen. Es wird Zeit, dass auch die EU im 21. Jahrhundert ankommt, korrupte Strukturen zerschlägt und anfängt, effizient zu arbeiten.

Wir leben heute, ob wir das wollen oder nicht, in Kriegszeiten. Wenn Ungarn mit Russland paktiert, muss es aus der EU verschwinden und keinen Cent mehr aus Brüssel erhalten und auch keinen Zugang mehr zu militärischen Geheimnissen der NATO erhalten. Dies gilt auch für die Türkei von Recep Tayyip Erdogan, der sich inzwischen auf die Seite der Hamas und des Iran geschlagen hat und damit eindeutig nicht mehr in die Kategorie „Partner“ fallen kann.

Dass die EU nicht in der Lage ist, ihre eigenen Feinde im eigenen Haus vor die Tür zu setzen, ist international eine Lachnummer und erklärt zumindest teilweise, warum Europa im Weltkonzert nur noch als Platzanweiser unterwegs ist. Wenn die aktuellen Regeln es nicht ermöglichen, eine klare Position gegenüber Ungarn und der Türkei zu beziehen, dann müssen diese Regeln eben geändert werden.

Doch sollte sich Brüssel weiter im Nichtstun auszeichnen, dann darf sich niemand wundern, wenn sich nach der Europawahl im Juni 2024 die extremistischen und antieuropäischen Kräfte in den Institutionen plötzlich in der Mehrheit befinden und die EU von innen aushöhlen. Insofern muss ein Reformprozess vor dem Juni 2024 gestartet werden, doch wer die Institutionen kennt, der weiß, dass sie sich bis zum letzten Moment am Status Quo festklammern werden, bis sie vom Sturm der Geschichte davongefegt werden.

Wenn die EU angesichts des ungarischen „Verrats“ weiter untätig bleibt, dürfte die Europawahl die Götterdämmerung der EU werden. Was danach passiert, mag man sich noch nicht ausmalen.

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