Der König sprach zu seinem Volk…

Die TV-Ansprachen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sind inzwischen feudaler als die Parlaments-Eröffnung in London durch die Queen.

Wenn man Macron zuhört, hat man das Gefühl, dass es den Franzosen nie besser ging als heute... Foto: DonkeyHotey / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Traraa… Dienstag Abend, 20 Uhr, beeindruckende TV-Bilder aus dem Elysee-Palast, der König tritt vor die Kameras. Die 27 Minuten der präsidialen Ansprache hatten es in sich. Zum einen durften die Franzosen einer ewig langen, von Selbstzufriedenheit triefenden Bilanz der letzten Monate lauschen, die bereits eindeutig eine Wahlkampfrede war, bevor der Präsident dann ankündigte, dass die pandemischen Schrauben weiter angezogen werden. Ansonsten war die Botschaft eindeutig: Noch nie hatten die Franzosen eine bessere Regierung, noch nie wurde das Land besser gemanagt, noch nie ging es den Franzosen besser. Schade, dass diese davon nicht viel mitbekommen…

Anderswo finden Regierungserklärungen entweder in Parlamenten oder im Rahmen von Presseterminen statt, bei denen entweder die Parlamentarier oder die Journalisten Fragen stellen können. Nicht so bei Macron. Der beweihräuchert sich lieber selber in den prunkvollen Bildern des Elysee-Palasts, der auch im 21. Jahrhundert etwas Royales hat. Und den Dialog sucht Macron ohnehin nicht, er teilt lediglich mit, was ihm in seiner Genialität eben eingefallen ist.

So wird ab Mitte Dezember für Personen über 65 Jahren die dritte Impfdosis obligatorisch. Nein, halt, sie wird nicht obligatorisch. Nur, wer sich in dieser Altersklasse keine dritte Dosis impfen lässt, dessen „Sanitär-Pass“ verfällt und die Betroffenen werden ab diesem Zeitpunkt eben vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Und keine Sorge, unmittelbar danach ist die Altersklaasse 50 bis 64 dran. Aber nein, es gibt keine Impf-Pflicht.

Und den Arbeitslosen geht es jetzt auch an die Stütze, ist der königliche Präsident doch seit Jahren davon überzeut, dass es ausreicht, die Straße zu überqueren, um einen Job zu finden. Wer künftig zwei Jobangebote des Arbeitsamts ablehnt, dem wird die Unterstützung gestrichen und reichte es zuvor aus, in den letzten zwei Jahren 4 Monate sozialversicherungspflichtig gearbeitet zu haben, um Anspruch auf Unterstützung zu haben, sind es jetzt 6 Monate. Das wird dem faulen Pack der Arbeitslosen schon Beine machen!

Seine Rentenreform verschiebt Macron auf die zweite Amtszeit. Es sei jetzt einfach nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Da hat er Recht. Vor der Präsidentschaftswahl braucht Macron keine weiteren Unruhen und angesichts der massiven Proteste gegen diese Rentenreform, unmittelbar vor der Pandemie, verschiebt er sie lieber. Wer will sich schon vor Wahlen unbeliebt machen? Aber – versprochen ist versprochen, nach seiner vermeintlichen Wiederwahl wird er sie durchdrücken, diese Rentenreform. Ein Macron lässt sich doch nicht durch Volkes Willen von seinen Plänen abhalten!

Ach ja, und auch die Atomkraft wird unter Macron weiter ausgebaut werden. Ist ja auch die beste, sicherste und kostengünstigste Energiequelle. Vor allem, wenn man die Kosten für Rückbau der Anlagen und die Endlagerung der radioaktiven Abfälle für eine Million Jahre nicht mitrechnet. Aber das sind ja ohnehin Probleme, mit denen sich künftige Regierungen und Generationen herumschlagen müssen.

Offiziell hat Macron seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit noch nicht erklärt. Braucht er auch nicht. Offenbar reicht es in seinen Augen, dass er einen „Anspruch“ auf das höchste Staatsamt hat. Und viele Franzosen beginnen sich zu fragen, ob die beiden rechtsextremen Kandidaten Marine Le Pen und Eric Zemmour wirklich die schlechteren Alternativen zu Macron wären…

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