Im Elysee-Palast betet man heute für Regen…

… denn nachdem die Regierung seit Tagen versucht, die Sozialproteste kleinzureden, könnte heute nur schlechtes Wetter dafür sorgen, dass nicht wieder Millionen Franzosen auf die Straße gehen.

So sieht also eine Protestbewegung aus, der die Puste ausgeht... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Seit Tagen versucht die französische Regierung, mit allen Instrumenten der „Fake News“ den Eindruck zu erwecken, dass a) die Protestbewegung quasi am Ende sei, b) die Millionen Demonstranten „ultra-links“ wären, c) die Demonstranten gefährliche Straftäter seien (könnten) und d) dass die per §49.3 am Parlament vorbeigemogelte Rentenreform das Ergebnis eines „demokratischen Prozesses“ sei. Da würde es heute so gar nicht ins Bild passen, wenn wieder viele Demonstranten auf die Straße gingen, um gegen diese Reform, die Regierung und den Präsidenten zu protestieren.

Doch der Unmut der Franzosen ist ungebrochen, auch, wenn die verschiedenen Regierungsmitglieder jede Sendeminute nutzen, um den Franzosen das Gegenteil vorzulügen. Doch offenbar ist die in Paris vorherrschende Meinung, nach der das französische Volk dämlich sei, eine Fehleinschätzung. Denn was man in den Pariser Palästen der Macht immer noch nicht begriffen hat, ist dass da nicht etwa trotzkistisch indoktrinierte Schläger und Kriminelle demonstrieren, sondern die arbeitende Bevölkerung, die wenig Lust verspürt, zwei Jahre länger zu arbeiten, um die Profite der Aktionäre zu steigern. Die Franzosen pochen auf einen würdigen Lebensabend, auf eine Rente, die nicht nur von Armut, Krankheit und Entbehrung geprägt ist. Aber Armut, Krankheit und Entbehrung sind Begriffe, die in dieser Regierung, in der immerhin 19 Millionäre sitzen, nur theoretisch bekannt sind.

Präsident Macron, der sich nur noch sporadisch und unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen aus seinem Palast heraustraut, hat es bislang nicht für nötig gehalten, diese riesige Protestwelle überhaupt nur zur Kenntnis zu nehmen. Immerhin, bei einem Pressetermin im südfranzösischen Embrun, das für diese „Begegnung mit der Bevölkerung“ vollständig gesperrt war, damit ja niemand aus der Bevölkerung diesem Präsidenten begegnen konnte, erteilte sich Macron selbst eine Art Absolution und dekretierte, dass ab sofort andere Themen wichtiger seien. Nur – dieser Präsident kann den Franzosen vieles aufzwingen, doch das Denken kann er ihnen nicht per §49.3 verbieten. Das völlige Unverständnis, das der frühere Rothschild-Bänker den Franzosen entgegen bringt, sorgt für diese Fehleinschätzung und offenbar reichen auch die Millionen für die McKinsey-Berater nicht aus, damit diese dem Präsidenten mal einen guten Rat geben – bisher sind die Millionen für diese „Berater“ aus dem Fenster geworfenes Geld.

Der heutige Tag wird so ablaufen wie so viele Tage seit dem 19. Januar. Hier und da wird gestreikt werden, es wird erneut riesige Demonstrationen geben und am Ende dieser Demonstrationen werden die „Black Blocks“ wieder randalierend durch die Straße ziehen, wohlwollend begleitet von Polizeiaufgeboten, die kaum eingreifen werden, denn Macron und seine Regierung brauchen dringend TV-Bilder von brennenden Mülltonnen und Autos und bedrohlichen „Black Blocks“, um weiterhin diese Protestbewegung in ihrer Gesamtheit diffamieren zu können.

Wie so oft zieht es der Präsident vor, den Protesten fernzubleiben, stattdessen ist er mit Ursula von der Leyen nach China geflogen, weil er ernsthaft zu denken scheint, dass die beiden einen Keil zwischen China und Russland und die BRICS-Staaten treiben können. Viel realitätsferner geht es kaum noch, die beiden werden in China am Nasenring durch die Manege geführt werden. Vielleicht sollten die präsidialen McKinsey-Berater auch noch einmal nachlesen, was es eigentlich mit den in Europa weitestgehend ignorierten BRICS-Staaten auf sich hat. Das könnte hilfreich sein.

Dass das von ihm regierte Land auch heute wieder in heller Aufregung sein wird, dass wieder die Städte brennen und es wieder Auseinandersetzungen geben wird, das ist Präsident Macron egal. Um den Pöbel sollen sich andere kümmern, wie Darmanin, Dussopt oder Borne. Präsident Macron rettet die Welt, mit dem Ärger mit den Franzosen soll sich das ministeriale Fussvolk beschäftigen. So, wie es aussieht, wird er diese Arroganz seinen Landsleuten gegenüber bis zu seinem Mandatsende nicht mehr ablegen und manch Beobachter fragt sich, ob diese Haltung gegenüber dem französischen Volk nicht ein Element sein könnte, dass diese zweite Amtszeit Macrons abkürzen könnte. Momentan dümpeln seine Zustimmungswerte in den Umfragen leicht über 20 %, doch das ist ja heute in Frankreich schon ein Wert, über den sich die Politiker freuen. Anderswo nehmen Politiker, denen 80 % der Bevölkerung die Gefolgschaft kündigen, ihren Hut…

Heute wird es also erneut einen massiven Protesttag geben, im Nachgang werden sich die üblichen Verdächtigen auf den regierungstreuen Kanälen darüber freuen, dass die Proteste immer leiser werden (egal, wie viele Menschen tatsächlich auf die Straße gehen) und das Armdrücken zwischen dieser Regierung und dem französischen Volk wird weitergehen. So lange, bis es richtig kracht.

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