Gebietsreform: Manuel Valls hat eigene Vorstellungen

Lange Gesichter im Elsass, aber auch in Lothringen. Premierminister Manuel Valls hat dem von einer Senatskommission gemachten Vorschlag einer eigenen Region Elsass eine Absage erteilt.

Die Auseinandersetzung um die Gebietsreform in Frankreich dürfte noch um einiges bissiger werden... Foto: Paralacre / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Die Wellen werden hoch und höher schlagen. Hatte am 21. Oktober doch eine Kommission des Senats den Vorschlag einer Neuordnung der französischen Regionen mit 15 Regionen (statt 12 oder 13, wie bisher diskutiert) gemacht – darunter die Region Elsass, ohne Fusion mit den Nachbarregionen. Doch bei seiner Rede im Senat machte Valls deutlich, dass er an der bereits in erster Lesung in der Nationalversammlung abgestimmten Option mit 13 Regionen festhalten will. Also mit einer ostfranzösischen Großregion mit dem Elsass, Lothringen und der Region Champagne-Ardennes. Und das ist dann auch die einzige Option, die wirklich niemand will. Außer der französischen Regierung.

Bislang waren die Positionen klar. Im Elsass waren die Konservativen für eine eigenständige Region Elsass, die Sozialisten eher für eine Fusion mit Lothringen. Die Lothringer waren sauer, weil sie sich von einem großen Teil des Elsass abgelehnt fühlten und alle waren sich einig, dass egal, wie es ausgeht, nur keine Fusion mit der entfernten Region Champagne-Ardennes geben soll. Doch genau das ist der Plan des französischen Premierministers.

Ein Blick auf die Karte genügt um festzustellen, dass sich der Moloch Paris schon fast bis vor die Tore der Stadt Reims gefressen hat – die Region Champagne-Ardennes reicht also im Westen bis vor die Tore von Paris, im Norden reicht sie ein Stück nach Belgien hinein. Bei Charleville-Mézières und Givors. Kennen Sie sicherlich. Doch genau das ist auch das Problem. Diese Region, sicherlich hübsch mit den ausgedehnten Weinanbaugebieten für Champagner und den dichten Wäldern der Ardennen, ist genau so weit vom Elsass entfernt wie die Alpen bei Grenoble. Es gibt weder eine geographische, noch wirtschaftliche, noch kulturelle Schnittmenge mit dieser Region und es ist mehr als schwierig zu erkennen, wie eine gemeinsame Verwaltung so unterschiedlicher Regionen über solche Entfernungen funktionieren soll.

Zumal, wie viele der Redner bei der Debatte im Senat unterstrichen, überhaupt noch nicht klar ist, welche Kompetenzen diese neuen Regionen erhalten sollen. Die Aussage von Valls, er sei für die Übertragung von Kompetenzen vom Staat auf die Regionen, beispielsweise im Bereich des Arbeitsmarkts oder der Wirtschaftsentwicklung, dann versteht man noch nicht, wie diese Reform jährliche Einsparungen in Höhe von 50 Milliarden Euro bringen soll und außerdem, wozu sie eigentlich gut ist. Abgesehen davon hat in den aktuellen Regionen niemand auf eine Reform aus Paris gewartet, um interessante neue Projekte im Bereich des Arbeitsmarkts oder der Wirtschaftsentwicklung zu lancieren. Da wäre ja auch durchaus denkbar, dass eine völlige Neuorganisation auch bereits bestehende Projekte umwirft, die dann für teures Geld auf anderer Ebene neu entwickelt werden müssen. Ob das wirklich Einsparungen bringt?

Der richtige Ärger wird jetzt erst beginnen. Denn dadurch, dass Manuel Valls auf seiner Linie festhält, entgegen der Empfehlung des Senats, bringt er auch seine eigenen Parteifreunde im Elsass und in Lothringen in die Bedrouille. Denn auch die Sozialisten in Straßburg und in Lothringen haben sich mehrheitlich für eine Fusion zwischen dem Elsass und Lothringen ausgesprochen, die Integration der Region Champagne-Ardennes haben auch sie abgelehnt. Was tun? Der eigenen Partei auf nationaler Ebene in den Arm fallen? Zähneknirschend die Pariser Position zur eigenen machen?

War die Debatte bislang schon von reichlich Pathos geprägt, war das wohl erst der Auftakt. Der Gegenwind für Alsace-Lorraine-Champagne-Ardennes wird nun aus allen Richtungen kommen und die Intensität der Proteste wird eher zu- als abnehmen. Da kommen unruhige Zeiten auf die Region zu.

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