„Pif Gadget“, „Playboy“ und „Têtu“…

Wer gedacht hatte, die französische Regierung könne nicht mehr tiefer sinken, hat sich getäuscht. Statt mit den Franzosen zu kommunizieren, gibt Macron ein Interview im Kinderheft „Pif Gadget“ und Ministerin Marlène Schiappa im „Playboy“. Und Minister Olivier Dusspot outet sich in „Têtu“.

Am Donnerstag auf der Titelseite des "Playboy" - Staatssekretärin Marlène Schiappa. Foto: Nantilus / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es klang zunächst nach einem Aprilscherz, doch es war keiner. Präsident Macron, der sich seit Wochen im Elysee-Palast versteckt und nur dann herauskommt, wenn absolut sicher ist, dass er auf keinen Fall in Berührung mit dem französischen Plebs kommt, richtete mal wieder sein Wort an die Bevölkerung. Allerdings nur in der Kinderzeitschrift „Pif Gadget“, was dann ungefähr das Gleiche wäre, wie wenn Olaf Scholz seine Politik in der „Bravo“ erläutern würde. Da richtet sich Staatssekretärin Marlène Schiappa schon an ein erwachseneres Publikum – ihr Interview erscheint am Donnerstag im „Playboy“.

Mit den Gewerkschaften redet Präsident Macron nicht, mit den Bürgerinnen und Bürgern ohnehin nicht, also wendet er sich an die einzigen Franzosen, bei denen er noch nicht völlig unten durch ist – die politisch wichtige Zielgruppe der 8- bis 12jährigen. Die bekommen mit der neuen Ausgabe von „Pif Gadget“ nicht nur das Interview mit dem Präsidenten, sondern auch ein hübsches Geschenk, das „Gadget“. Langsam bekommt man das Gefühl, als müsse man die McKinsey-Berater aus dem Präsidentenpalast werfen und durch „echte“ Kommunikationsberater ersetzen, bevor sich der Präsident nur noch lächerlich macht…

Dass am Donnerstag Marlène Schiappa, die 40jährige Staatssekretärin für Sozial- und Solidarwirtschaft die Titelseite des „Playboy“ schmückt, ist auch ein wenig ungewöhnlich. Dass ihr nun sogar aus den eigenen Reihen Kritik entgegenschlägt, kommentierte die Staatssekretärin trotzig mit „Ich verteidige das Recht der Frauen, mit ihrem Körper zu tun, was sie wollen: überall und jederzeit. […] In Frankreich sind die Frauen frei. Ob das den Ewiggestrigen und Heuchlern passt oder nicht“. Klingt irgendwie pampig, vor allem von einer Politikerin, die sich immer gegen Sexismus und die Ausbeutung von Frauen engagiert hat und nun selbst auf Hugh Hefners Frauen zu Objekten degradierendem Magazin erscheint.

Doch sicherlich hat der ebenso große wie teure wiee ineffiziente Beraterstab der Regierung durch gezielte Marktanalysen herausgefunden, dass die wenigen verbliebenen Macron-Anhänger treue „Plaboy“-Leser oder Konsumenten von „Pif Gadget“ oder von „Têtu“ sind. Ansonsten hätte es ja durchaus das eine oder andere Medium gegeben, das bereit gewesen wäre, Macron und/oder ein Regierungsmitglied zu interviewen. Und nun zittert ganz Frankreich bei der Vorstellung, Premierministerin Elisabeth Borne könnte es ihrer Amtskollegin gleichtun und auf die Titelseite des „Playboy“ wollen. Das könnte allerdings in Frankreich erneut mittelschwere Unruhen auslösen.

Hoffentlich kopiert die deutsche Politik diese schräge Art der Kommunikation nicht. Oder müssen wir uns auf Annalena Baerbock auf dem Titelblatt der „St. Pauli Nachrichten“ vorstellen? Oder Robert Habeck in „Mickeys lustigen Heften“?

Auf jeden Fall versucht die Regierung nun alles, aber wirklich alles, um verlorenes Terrain zurück zu gewinnen. Selbst der hoch umstrittene Arbeitsminister Olivier Dussopt wurde an die Pressefront geschickt und absolvierte im Homosexuellen-Magazin „Têtu“ ein Coming Out, das so wirkte, als ob man ihm aufgetragen hätte, sich zu outen.

Doch weder „Têtu“, noch „Playboy“ und auch nicht „Pif Gadget“ können darüber hinwegtäuschen, dass diese Regierung in den Seilen hängt. Ihre künftigen Wählerinnen und Wähler in den Reihen der Leserschaft von „Playboy“, „Têtu“ und „Pif Gadget“ zu suchen, das zeigt eigentlich nur eines – die Planlosigkeit der Pariser Machthaber. Wie beeindruckt die Franzosen von dieser unbeholfenen Kommunikation sind, werden sie am Donnerstag zeigen. Denn dann ist wieder Streik- und Demonstrationstag…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste