Der „Literarische Adventskalender“ (21)

Autor Stefan Böhm und Eurojournalist(e) präsentieren: „Straßburger Glaubensbekenntnis - Kommissar Sturnis dritter Fall“. Heute: Kapitel 21 – „1438: Die Pest“

Strasbourg - Geschichte schaut einen überall an... Foto: Stefan Böhm / CC-BY-SA 4.0int

Kapitel 21 – 1438: Die Pest

Er hätte die Druckerpresse nicht bei seinem Geschäftspartner Andreas Dritzehn lagern sollen. Die Pest grassierte in Straßburg und Henne traute sich nicht mehr in die Stadt, verließ das Haus nur noch in Notfällen.

In Sankt Arbogast fühlte er sich sicherer, doch was war schon sicher in diesen Tagen. Sicher war der Tod, und der kam schnell, der schwarze Tod.

Nun hatte es seinen Freund und wichtigsten Geschäftspartner erwischt. Er hatte noch nach ihm rufen lassen, wollte mit ihm reden. Wollte mit ihm über sein Vermächtnis reden. Doch Henne war feige, hing am Leben. Außerdem war er der Kopf, das Herz und die Hand ihrer geheimen Unternehmung. Ohne ihn würde sein großes Werk nicht das Licht der Welt erblicken. Er durfte nicht der Pest zum Opfer fallen.

Deshalb hatte er seinen Diener in die Stadt entsandt, um den letzten Wunsch des Dritzehn zu vernehmen. Wichtiger noch, um in ihre gemeinsame Werkstatt einzudringen und die wertvolle Druckerpresse zu entwenden. Sollte er sie nicht mitnehmen können, so war sein Auftrag, sie zumindest zu vernichten oder unbrauchbar zu machen. Auf dass die Gebrüder seines Geschäftspartners sie nicht in die Finger bekämen und ihnen ihren wertvollsten Schatz so kurz vor der Zielgeraden entrissen.

***

   „Hast du ihn noch gesprochen?“

Henne war klar, dass sein Partner inzwischen das Zeitliche gesegnet hatte, als sein Diener schweißüberströmt und mit verängstigtem Blick zurückgekehrt war. Er hatte dem Schrecken ins Auge geblickt, der gerade in Straßburg grassierte.

Henne hielt ihn auf Distanz. Sein Diener durfte sein Haus nicht betreten, musste ihm mit gebührendem Abstand Bericht erstatten. Das war das Gebot der Stunde … Abstand halten! Schließlich konnte er ihn sich selbst eingefangen haben, den schwarzen Tod. Besser sein Diener als er selbst! Kochen könnte dann ja immer noch dessen Frau für ihn …

„Ich kam zu spät. Er tat gerade seinen letzten Atemzug, als ich bei ihm anlangte. Kurz richtete er sich noch auf, versuchte zu sprechen, Euch eine Nachricht zu übermitteln, sank dann aber Blut spuckend mit einem Röcheln nieder auf seinem Sterbebett und verschied.“

Henne wurde übel. Er schloss die Tür, ließ sie nur einen Spalt weit offen, um mit seinem Diener kommunizieren zu können. Es würde ihn nicht wundern, wenn auch dieser schon dem Tode geweiht wäre.

„Was ist mit der Presse? Hast du sie?“

„Ich konnte sie nicht transportieren, Herr. Sie war zu schwer, und es wäre aufgefallen, sie mit dem großen Sackkarren durch eine Stadt voller Pestkranker zu schleppen. Mit den Sackkarren werden in Straßburg derzeit nur die Leichen transportiert, vor die Tore der Stadt, wo sie in eine große Grube geworfen werden.“

„Dann sind wir verloren. Die Gebrüder meines Partners werden herausfinden, wozu sie dient. Sie werden versuchen, unser geheimes Werk zu vollenden. Oder schlimmer noch, sie werden sich einklagen in unsere geheime Unternehmung, den gerechten Anteil ihres Bruders einfordern.“

„Seid unbesorgt, Meister. Ich habe die wesentlichen Teile aus der Presse entfernt, bis sie in sich zusammenfiel. Die Gebrüder Dritzehn werden nicht herausfinden, an welchem geheimen Werk Ihr arbeitet. Es ist zu kompliziert, und nur bei Euch laufen alle Fäden zusammen. Niemand außer Euch kann es vollenden.“

Henne hatte genug gehört.

„Es ist gut. Ihr könnt gehen. Ich möchte Euch in frühestens sieben Tagen wiedersehen, sofern Ihr bis dahin noch am Leben seid.“

Er schloss die Tür und atmete tief durch ein in Essig getränktes Tuch ein. Das sollte ja angeblich helfen, sagten zumindest seine Ärzte. Trotz Essig und Tüchern vor dem Mund steckten sich die Menschen reihenweise an und starben wie die Fliegen. Seltsam war das …

Diese Nachricht warf ihn um Jahre zurück. Zumindest mit der Druckerpresse würde er noch einmal von vorne beginnen müssen.

Außerdem sah er einen weiteren unangenehmen Prozess auf sich zukommen. Er kannte die Gebrüder seines Partners. Sie waren skrupellos und geldgierig, wussten, dass er, Henne Gensfleisch, an einer ganz großen Sache arbeitete, an der ihr Bruder sich finanziell beteiligt hatte.

Sein Freund Johannes Hültz würde ihre Wette wohl gewinnen und sein großes Werk, die Fertigstellung der Kirchturmspitze des Straßburger Münsters, vor ihm vollenden, wenn ihm der schwarze Tod nicht auch noch den letzten Handwerker auf der Baustelle des Münsters hinwegraffte.

Fortsetzung folgt…

Stefan Böhm

Straßburger Glaubensbekenntnis
Kommissar Sturnis dritter Fall

Originalausgabe
1. Auflage
© 2020 Stefan Böhm
Taschenbuch-ISBN: 978-3-969-66410-0
Umschlagsgestaltung und Satz:
Sarah Schemske (www.buecherschmiede.net)
Lektorat: Martin Villinger
Korrektorat: Bücherschmiede (www.buecherschmiede.net)
Bestellung und Vertrieb: Nova MD GmbH, Vachendorf
Druck und Bindung:
Sowa Sp. z o.o.
ul. Raszyńska 13
05-500 Piaseczno
Polen

Alle Rechte vorbehalten. Alle Figuren und deren Biografien sind erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen wären zufällig und nicht beabsichtigt.

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