Der „Václav Havel-Preis“ 2015 geht an Ludmilla Alexeeva
Die russische Menschenrechtskämpferin Ludmilla Alexeeva wurde in Straßburg vom Europarat mit dem „Václav Havel-Preis“ 2015 ausgezeichnet. Mit 88 Jahren erhält sie damit die Anerkennung, die sie verdient.
(CTN/KL) – Zum dritten Mal verlieh die Parlamentarische Versammlung des Europarats in Straßburg den Menschenrechtspreis „Václav Havel-Preis“, der nach dem tschechischen Dramaturgen, Kämpfer gegen den Totalitarismus und späteren Präsidenten der Tschechischen Republik Václav Havel benannt ist und in Zusammenarbeit mit der Bibliothek Václav Havel und der Stiftung Charta 77 jedes Jahr Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft auszeichnet, die sich in Europa oder anderswo bei der Verteidigung der Menschenrechte verdient gemacht haben. Dieses Jahr ging der mit 60.000 Euro dotierte Preis an Ludmilla Alexeeva.
Jahrzehnte lang wurde Ludmilla Alexeeva von den Machthabern in Moskau verfolgt, verlor ihre Arbeit, musste das Land verlassen – doch hat sie nie aufgehört, Verletzungen der Menschenrechte in der damaligen UdSSR und dem heutigen Russland laut und mutig anzuprangern. Heute leitet sie die Helsinki-Gruppe in Moskau, eine NGO, die natürlich dem Kreml ein Dorn im Auge ist. Diese Gruppe beschränkt sich nicht darauf, Verletzungen der Menschenrechte öffentlich zu machen, sondern unterstützt auch ganz konkret deren Opfer.
Die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, die Französin Anne Brasseur, unterstrich in ihrer Laudatio, dass „Ludmilla Alexeeva Generationen von Aktivisten in Russland und in anderen Ländern eine Inspiration und ein Vorbild war und ist“, was die Preisträgerin sichtlich bewegte.
Der Europarat in Straßburg, dem häufig seine Ineffizienz vorgeworfen wird, spielt trotz allem eine wichtige Rolle – es handelt sich um die einzige europäische Institution, in der Vertreter aus 47 europäischen Ländern sitzen, die in Straßburg diplomatische Kanäle offen halten, die anderweitig verschlossen sind. So sind auch Länder wie Russland oder Weißrussland Mitglieder des Europarats (auch, wenn Russland wegen der Annektierung der Krim zeitweise das Stimmrecht entzogen wurde) und der Europarat beschäftigt sich mit zahlreichen Programmen und Initiativen, mit denen Menschenrechte europaweit, aber auch außerhalb Europas gefördert werden sollen.
Auch die Verleihung von Preisen wie dem „Václav Havel-Preis“ spielt eine wichtige Rolle, denn die internationale Anerkennung von Vorkämpfern für Menschenrechte stärkt deren Rolle in ihren Ländern und trägt somit sowohl zu deren persönlicher Sicherheit, aber auch zur Verbreitung der Menschenrechte bei. Das sind Aufgaben, bei denen man nicht den unmittelbaren und sofortigen Nutzen einfordern darf – wenn es um Menschenrechte geht, muss man einen langen Atem und viel Geduld mitbringen. Und das tut der Europarat.
Die Verleihung des „Václav Havel-Preises“ 2015 an eine im Westen relativ unbekannte Kämpferin für Menschenrechte ist ein Zeichen für viele namenlose Aktivisten, dass ihr Kampf für eine bessere Welt nicht unbeobachtet verläuft und dass sie nicht vergessen werden. Was einen nicht davon abhalten sollte, auch den Europarat in die Pflicht zu nehmen und von ihm noch mehr Engagement einzufordern. Denn der Kampf für Menschenrechte ist etwas, das man gar nicht intensiv und ernsthaft genug betreiben kann. Wie Ludmilla Alexeeva eben.
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