Deutsch-französischer Bürgermeistergipfel: harte Politik und süßer Wein

Mehr als ein gemütliches Beisammensein - die Bürgermeister von beiden Seiten des Rheins hatten viele Themen zu besprechen. Und Wein gab's auch.

Der Eindruck trügt - in Breisach wurde mehr gesprochen als gefeiert. Aber beides ist wichtig... Foto: Felix Neumann / Eurojournalist(e)

(Felix Neumann) – Im Breisacher „Hotel am Münster“ trafen sich am Montag, 31. August zahlreiche Bürgermeister aus dem Elsass und Baden zum traditionellen Bürgermeisterforum. Die Landrätin des Breisgau-Hochschwarzwaldkreises Dorothea Störr-Ritter und Ehrengast Eric Straumann, Präsident des Conseil Départemental du Haut-Rhin, gaben dabei Anstöße zur vertieften grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein. Neben der Kür der „Reine du Jour“ stand ein abschließender gemeinsamer Besuch des Breisacher Weinfestes auf dem Programm.

„Nur wer sich kennt und schätzt kann auch gut zusammenarbeiten.“ So brachte Hausherr Oliver Rein als Bürgermeister der Stadt Breisach die Grundidee des Treffens auf den Punkt. Dass er sein Grußwort ans Ende der Veranstaltung verlegen musste, nutzte er als Gelegenheit auf die Redebeiträge seiner Vorredner, Landrätin Dorothea Störr-Ritter und Ehrengast Eric Straumann, einzugehen. Dabei unterstrich er die Rolle der Kommunen als „Motor von allem“ und ihre große Bedeutung für den deutsch-französischen Zusammenhalt.

Der Einladung zum 59. jährlichen Bürgermeisterforum durch das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald und die regionale Europaunion folgten etwa 140 Gäste, darunter neben zahlreichen Bürgermeistern und Abgeordneten von kommunaler und Landesebene auch der Freiburger Bundestagsabgeordnete Gernot Erler sowie Großrat Helmut Hersberger, Leiter der schweizerischen Delegation des Oberrheinrates. Landrätin Störr-Ritter begrüßte die Gäste auf Deutsch und Französisch und führte in das Themenspektrum ein. Ihr Lob für die gelingende Kooperation in vielen Bereichen verband sie mit einem Appell zu einer weiteren Vertiefung und spannte dabei den Bogen bis zur europäischen Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung.

Der Hauptredebeitrag kam von Ehrengast Eric Straumann, der im April 2015 als neuer Präsident des Conseil Départemental du Haut-Rhin gewählt wurde. Mit einer einnehmenden Mischung aus Ernsthaftigkeit und elsässischem Charme bezog er Stellung zur deutsch-französischen Zusammenarbeit. Sich selbst bezeichnet er in Anlehnung auf seinen Namen als wahrhaftigen Stroh- bzw. Strom-Mann („homme de paille“), getragen von einer „rheinischen Wirbelsäule“. Er betonte, dass das Fertigstellen der Bundesstraße B31 und verbindender Verkehrswege für die Grenzregion eminent wichtig seien. Eine kombinierte Zug- und Tramverbindung zwischen Colmar und Breisach würde er ebenso begrüßen wie den Fahrradweg Vogelgrun-Breisach.

Sorge bereite ihm die für 2017 anstehende Umstellung des digitalen Fernsehens, die einen Empfang deutscher Sender auf französischer Rheinseite unmöglich mache. Dies sei für den Erwerb der Fremdsprache keineswegs förderlich. „Was gibt es besseres, um den Nachbarn zu verstehen, als dessen Fernsehen zu schauen?!“, fragte Straumann in die Runde. Die geplante Schulreform schwäche den Deutschunterricht in Frankreich. Er rege eine regional-grenzüberschreitende Abteilung für Zweisprachigkeit an. Auch ein gemeinsames Geschichtsbuch für das Dreiländereck halte er für höchst sinnvoll.

Zurückhaltend äußerte er sich zur Frage der auf deutscher Seite politisch und gesellschaftlich verstärkt gewünschten Schließung des Atomkraftwerkes Fessenheim. Diese wurde auch in der abschließenden offenen Fragerunde aufgeworfen. Die französische Energiewende sei eingeläutet, brauche aber noch Zeit. „Ich kann eine Schließung grundsätzlich zusagen, man müsse jedoch eher in einem Zeitraum von zehn Jahren denken“, so Straumann.

Kritisch Position bezog er zur anstehenden Gebietsreform in Frankreich und der sich ändernden Rolle der Departements. Diese würden dadurch für die Zusammenarbeit der Grenzregionen jedoch an Bedeutung gewinnen. National und europäisch sei die deutsch-französische Achse wichtiger als je zuvor. Frankreich könne in politischen Entscheidungen derzeit viel von Deutschland lernen, Frankreich diene im Gegenzug als Modell einer gelingenden Familienpolitik. Die von Störr-Ritter aufgeworfene Frage der Flüchtlingsunterbringung sieht er als europäisch zu lösendes Problem, das die Werte der EU auf den Prüfstand stelle. „Wenn allein die Stadt Berlin mehr Flüchtlinge aufnimmt als andere EU-Staaten insgesamt, stellt dies die europäische Solidargemeinschaft in Frage“, so der französische Politiker.

Straumann schloss seine Rede mit einem Zitat Friedrich Schillers: „Nur Beharrung führt zum Ziel. Seien wir gemeinsam beharrlich!“ Zuvor krönte er Landrätin Störr-Ritter zur Königin des Tages, der „Reine du Jour“, und gratulierte ihr mit einem Geschenk nachträglich zum Geburtstag. Störr-Ritter hatte viel Zuspruch für die von Straumann angeregten Vorhaben, die nun von der Theorie in die Praxis übertragen werden müssen. Der anschließende gemeinsame Besuch des Breisacher Weinfestes hat beim Bürgermeisterforum Tradition. Nur wer sich kennt und schätzt kann auch gut zusammenarbeiten.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste