Deutschlands Osten wird immer brauner

Die rechtsextreme AfD ist der große Gewinner der Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Und selten hat man so viele erleichterte Verlierer gesehen. Der Absturz der Republik geht weiter.

Die Schlammwelle, die gerade vom Osten herüberschwappt, hat diese Farbe... Foto: Whiteknight / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – In Sachsen zeigten sich gestern Abend die Spitzenkandidaten der traditionellen Parteien erleichtert – obwohl sie massivst verloren hatten. Die CDU bleibt zwar in Sachsen stärkste Partei, ebenso wie die SPD in Brandenburg, doch in beiden Ländern ist ihnen die rechtsextreme AfD dicht auf den Fersen. In beiden Ländern muss es jetzt eine „GGK“ („Ganz große Koalitionen“) aus drei Parteien geben, um die AfD dieses Mal noch von der Macht wegzuhalten. Dass dies gerade noch einmal möglich ist, darf aber kein Anlass zu Erleichterung sein, denn das, was gerade im Osten passiert, das sind schon mehr als die Vorboten der nächsten deutschen Katastrophe.

Zunächst die Zahlen aus Sachsen: CDU 33,1 % (-6,3 %), Die Linke 9,9 % (-9,0 %), SPD 7,6 % (-5,0 %), Grüne 8,3 % (+2,6 %), AfD 28,1 % (+18,3 %) und FDP 4,5 % (+0,7 %). Somit gibt es in Sachsen nur eine mögliche Koalition, nämlich aus CDU, Grünen und der SPD. Die Koalitionsverhandlungen, die unter absolutem Erfolgsdruck stehen, werden spannend werden, denn keine der drei Parteien verfügt über irgendein politisches Druckmittel, will man den Griff der AfD nach der Macht verhindern.

Einmal mehr bestätigt sich der Ruf Sachsens als das „Tal der Ahnungslosen“ – wer heute für die AfD stimmt, der kann nicht ignorieren, dass er eine Partei wählt, deren Gedankengut dem der „Pegida“ und Schlimmerem nahesteht. AfD-Wähler sind nicht nur „Protestwähler“, sondern die nächste Generation einer politischen Strömung, von der alle fälschlicherweise gedacht hatten, dass sie nach 1945 ausgemerzt wurde. Wenn man nun überall hört „nicht alle AfD-Wähler sind Nazis“, dann mag das hier und da noch stimmen, doch muss dieser braune Sumpf nun ganz anders bekämpft werden als bisher. Dafür werden die traditionellen Parteien, die nun eine Zwangsehe eingehen müssen, noch genau eine Chance haben – sie werden zusammenarbeiten müssen, ob sie wollen oder nicht, und sie müssen eine Politik führen, die tatsächlich die Menschen erreicht. Ansonsten werden wir schon bei den nächsten Wahlen unter der braunen Schlammlawine ersticken.

In Brandenburg sieht es ähnlich aus, wenn man die CDU durch die SPD ersetzt: SPD 26,5 % (-5,4 %), CDU 15,5 % (-7,5 %), Die Linke 10,4 % (-8,2 %), Grüne 10,2 % (+4,0 %), Freie Wähler 5,1 % (+2,4 %), AfD 23,8 % (+11,6 %) und FDP 4,5 % (+3 %). Auch in Brandenburg ist die einzig denkbare Koalition CDU-SPD-Grüne, alle anderen Konstellationen hätten keine Mehrheit im Landtag.

Dass die braune Schlammwelle derart an Rasanz gewonnen hat, ist eine schlimme Nachricht für die Bundesrepublik Deutschland und dass dies ausgerechnet am 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen passieren musste, ist ein ebenso schlimmes Zeichen.

Der größte Verlierer dieser Wahl ist die SPD, die es sich in dieser Situation nicht mehr leisten kann, die Große Koalition auf Bundesebene weiter in Frage zu stellen, will sie nicht die zum Erfolg verdammten Koalitionsverhandlungen in Brandenburg und Sachsen gefährden. In Sachsen erzielte die ehemalige Volkspartei SPD das schlechteste Wahlergebnis bei einer Landtagswahl seit dem II. Weltkrieg und muss im Grunde dankbar sein, überhaupt den Einzug in den Landtag geschafft zu haben.

Der 1. September ist ein schwarzer Tag in der Geschichte Deutschlands. 1939, 2019 – 80 Jahre der Geschichtsaufbereitung haben nichts genützt. Man hört bereits wieder den Klang der Stiefel – und einmal mehr kommen die Braunen durch demokratische Wahlen der Macht immer näher. Was, bitteschön, stimmt nicht mit uns Deutschen?

Die Zahlen reflektieren noch nicht das Amtliche Endergebnis, sondern die gefestigten Hochrechnungen am Wahlabend. Der Artikel wird nach Veröffentlichung des Amtlichen Endergebnisses aktualisiert.

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