Die französischen Sozialisten schaffen sich selber ab

Selten hat man in Europa einen derartigen Niedergang einer einst großen Partei erlebt. Doch die französischen Sozialisten setzen alles daran, ihren Absturz fortzusetzen.

Olivier Faure wird in die Geschichte als derjenige eingehen, der die PS zerstört hat. Und dafür wurde er jetzt als Parteichef wiedergewählt. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Noch vor sechs Jahren, war die Sozialistische Partei Frankreichs (PS, die im Übrigen so sozialistisch ist wie die SPD…) die Partei, die den Präsidenten stellte, über eine Mehrheit in Parlament und Senat verfügte und vor der 2016 durchgeführten Gebietsreform 21 von damals 22 französischen Regionen managte. Inzwischen liegt die Partei deutlich unter der 5%-Hürde, hat die PS ihre historischen Sitz in der Pariser Rue Solferino verloren und macht immer weiter. Selbst die Chance, ihren „Totengräber“ Olivier Faure endlich loszuwerden, ließen die Parteimitglieder verstreichen. Als ob Frankreichs Sozialisten die Lust am Untergang entdeckt hätten.

Das Elend der PS hat viele Verantwortliche. In erster Linie wohl den früheren Präsidenten François „Flamby“ Hollande, der die Möglichkeit verstreichen ließ, Frankreich in einem Moment zu modernisieren, in dem seine Partei sämtliche politischen Ebenen dominierte und hätte „durchregieren“ können. Doch Hollande und seine Adlaten waren in den ersten Jahren des 2012 eroberten Mandats derart damit beschäftigt, ihren Helfern hoch dotierte Jobs zuzuschanzen und sich an der eigenen Macht zu berauschen, dass man dabei übersah, dass Politiker dafür gewählt werden, das Land zu managen. Als die PS dann gegen Ende des Mandats von Hollande merkte, dass man wohl doch irgendetwas Politisches machen sollte, stampfte die PS eine Gebietsreform aus dem Boden, die nicht sonderlich durchdacht, nicht gut organisiert und am Ende unglaublich teuer wurde.

Dann hebelte ein gewisser Emmanuel Macron, der zuvor noch Minister unter François Hollande war, die linke Parteienlandschaft Frankreichs aus, versprach das Blaue vom Himmel herunter und sammelte munter ehemalige PS-Größen ein, die hofften, unter dem neuen Stern am französischen Politik-Himmel noch ein warmes Plätzchen aam Ofen zu ergattern. Reihenweise verrieten die PS-Oberen ihre Partei und politische Heimat, um sich dem politischen Schaumschläger anzuschließen, der zu einem Präsidenten wurde, dem es sichtlich Freude bereitet, gegen den Willen seines Volks zu regieren. Diesen Verrat ihrer Parteioberen haben viele PS-Mitglieder nie weggesteckt.

Nach der Ära Hollande, begann die Ära Olivier Faure. Der neue Chef der PS sollte auch derjenige werden, der die PS, die bereits am Abgrund stand, noch ein Stückchen weiter führen sollte. Statt eine „linke“ Politik zu führen und als starke Opposition der Partei wieder ein Profil zu geben, hängte sich Faure an Pariser Thinktanks der dortigen Bourgeoisie an, verzichtete bei der letzten Europawahl gar auf einen eigenen Kandidaten und platzierte dafür seinen Kumpel Glucksmann (der nicht einmal PS-Mitglied war) als Spitzenkandidat auf einem sicheren Listenplatz. Nach diesem „Sündenfall“ ging es für die PS immer weiter bergab.

Nun hatten die PS-Mitglieder die Möglichkeit, einen neuen Parteichef zu wählen. Doch selbst so etwas geht bei der PS nicht mehr ohne Skandale und die wohl wichtigste Nachricht ist, dass die PS-Mitglieder Olivier Faure erneut das Mandat erteilt haben, die Partei endgültig zu ruinieren. Dass er dies richtig gut kann, hat der Mann bereits unter Beweis gestellt und mit seinem neuen Mandat haben die PS-Mitglieder das Ende ihrer Partei besiegelt.

Doch selbst die Wahl des Parteichefs geht bei der PS nicht mehr ohne einen Skandal, der allerdings in Frankreich kaum noch jemanden interessiert. Nach Angaben der Parteizentrale gewann Olivier Faure mit 51,09 % der abgegebenen Stimmen gegen seinen Konkurrenten Nicolas Mayer-Rossignol, der auf 48,91 % der Stimmen kam. Nur, der unterlegene Kandidat kritisiert öffentlich „Unregelmäßigkeiten aus einer anderen Zeit“ bei der Wahl und erkennt das Ergebnis nicht an.

Und somit endet langsam, aber sicher, die Geschichte der Sozialdemokratie in Frankreich und es sieht so aus, als hätten die Parteimitglieder resigniert. Anders lässt sich die Wiederwahl desjenigen, der die Partei in nur sechs Jahren in die völlige politische Bedeutungslosigkeit geführt hat, nicht erklären. Die französische PS hat viele Jahre lang Fehler über Fehler begangen – die Wiederwahl von Olivier Faure könnte sich als ihr größter Fehler herausstellen. Und somit geht die Tür noch ein Stückchen weiter auf für die Rechtsextremen, deren Wahlerfolg sich für die nächsten Wahlen immer deutlicher abzeichnet. Im Grunde ist das wirklich schade, denn in Zeiten wie diesen wäre ein Gegengewicht gegen Rechtsextrem und die kaum bessere „Macronie“ wichtiger als je zuvor. Doch die PS hat sich, wie Lemminge, dafür entschieden, sich selbst abzuschaffen.

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