Die GDL verschiebt ihren geplanten Bahn-Streik

Deutsche und französische Gewerkschaften ticken anders – während die französischen Gewerkschaften selbst Abiturienten an ihren Prüfungen hindern, erfüllt die GDL ihre Rolle als Sozialpartner.

Dank einer klugen Entscheidung der GDL wird man diese Schilder nicht in der Sommerreisezeit sehen... Foto: Joachim Müllerchen / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Bahnstreiks sind für Zugreisende eine Qual. Das ist bekannt. Züge fallen aus, Reisende stranden an unmöglichen Orten, Reisepläne müssen geändert oder gar annulliert werden – Stress pur. Aber – der Streik ist ein wichtiges Mittel im Arbeitskampf, der so etwas wie Chancengleichheit in den Verhandlungen zwischen den großen Arbeitgebern und ihren Belegschaften sichert. Für das Recht auf Streik haben sich viele Generationen stark gemacht und das Streikrecht ist zweifellos eine wichtige gesellschaftliche Errungenschaft, auch, wenn sie manchmal nervt. Die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) hat nun eine Ankündigung gemacht, die sie im Gegensatz zu ihren französischen Kollegen mitten ins Herz der Gesellschaft stellt.

Eigentlich war für den Sommer ein Eisenbahnerstreik angekündigt und wer sich ein wenig zurückerinnert, der weiß, dass die Streiks der GDL sehr lange dauern können und in der Regel das halbe Land lahmlegen. Doch in der aktuellen Pandemie-Situation, in der in diesem Sommer endlich Lockerungen organisiert werden können, brauchen die Menschen eine Pause. 17 Monate Stress und Einschränkungen, eine allgemeine Krise und nun besteht die Möglichkeit, Freunde und Verwandte zu besuchen, ans Meer oder in die Berge zu fahren und einfach einmal durchzuatmen. Das hat die GDL verstanden und angekündigt, dass man zwar weiter an dem geplanten Streik festhält, doch zu diesem erst im August eine Urabstimmung durchführen will.

Das bedeutet, dass der Bahnfahrt in die Sommerfrische nichts im Weg steht und die Verschiebung des Streiks trägt dem Umstand Rechnung, dass die gesamte Bevölkerung eine Pause und ein wenig Abwechslung braucht. Das ist fair, denn so trifft der Streik, wenn er dann zum Ende des Sommers oder im Herbst stattfindet, immer noch den Nerv der Bahn, ohne aber nach diesen 17 Monaten Stress erneut die ganze Bevölkerung in eine Art „Geiselhaft“ zu nehmen.

Das ist eine ganz andere, verantwortungsvolle Rolle als Sozialpartner, als es die französischen Gewerkschaften praktizieren, die am letzten Montag den Verkehr im Großraum Paris lahmlegten. Und zwar genau an dem Tag, wo für zigtausende Abiturienten die mündlichen Prüfungen begannen, von denen für viele der künftige Lebensweg abhängt. Während sich also französische Gewerkschaften keinesfalls einer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind, nimmt ausgerechnet die ansonsten als knallhart bekannte GDL eben diese gesellschaftliche Verantwortung wahr.

So nervig Bahnstreiks auch für die Nutzer sein mögen, diese Verschiebung des Streiks der GDL auf einen späteren Zeitpunkt verdient Respekt. In diesem Sinne – genießen Sie den Urlaub in vollen Zügen…

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