Die Kriegsparteien bringen sich in Stellung

Die Logik des III. Weltkriegs scheint ebenso unaufhaltsam zu sein wie bei den vorherigen Weltkriegen. Ist die Eskalation zwischen Russland und dem Westen noch zu stoppen?

Die russische Armee stellt sich für die nächste Eskalation auf. Die NATO auch. Foto: Spc. Audrey Hayes / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Die Lage in Zentral- und Osteuropa entgleitet immer weiter der Kontrolle. Die russischen Bombardements ukrainischer Städte nehmen an Intensität vor, der Donbass ist fast komplett in russischer Hand, Putin kündigt die Verlegung von nuklearfähigen Iskander-Raketen nach Belorus an, die NATO erhöht ihre Reaktionsbereitschaft an der Ostflanke des Bündnisses von 40.000 auf 300.000 Soldaten und es sieht ganz danach aus, als würden sich jetzt beide Seiten auf die große Konfrontation vorbereiten.

Auch die Kriegsrhetorik auf beiden Seiten kündet von einem langen Krieg, der wohl zunächst mit modernen, aber konventionellen Waffen geführt werden wird. Die nukleare Eskalation wird dann wohl kommen, wenn eine der Parteien massiv unter Druck gerät und Gefahr läuft, diesen konventionellen Krieg zu verlieren. Doch wäre es blauäugig davon auszugehen, dass irgendjemand aus humanitären oder humanistischen Gründen auf den Einsatz nuklearer Waffen verzichtet. Schon gar nicht Putin, der mit seinem Angriffskrieg auch sein eigenes politisches Überleben aufs Spiel setzt.

Doch was wird bis zu dem Zeitpunkt passieren, zu dem die finale Eskalationsstufe gezündet wird? Die russische Armee wird weiter vorrücken und dabei alles zerstören, was sich ihr in den Weg stellt. Mag sein, dass die Russen das eine oder andere Scharmützel verlieren, hier und da etwas aufgehalten werden, doch stoppen wird die Ukraine die russische Armee nicht. Der Westen wird seine Kräfte an der NATO-Grenze massieren, versuchen, die baltischen Staaten und Polen zu schützen, in der Hoffnung, dass Russland nicht doch die EU-Mitglieder auf dem Balkan ins Visier nimmt.

Dieser Krieg hat bereits Fahrt aufgenommen und seine eigene Dynamik entwickelt, die von Putin initiiert und vom Westen nicht ausgebremst werden kann. Angesichts der immer bedrohlicheren Strategie Putins, dessen Iskander-Raketen von Belorus aus innerhalb von Sekunden nicht nur Kiew, sondern auch mehrere westeuropäische Hauptstädte treffen können, ist die NATO gezwungen zu reagieren.

Und irgendwann wird die westliche Reaktion nur noch militärisch sein können und was dann passiert, kann sich jeder ausmalen, der die Geschichte der beiden letzten Weltkriege kennt. Die Vorstellung, dass dieser Krieg im Westen „nur“ explodierende Energiepreise, die Verknappung bestimmter Lebensmittel und soziale Spannungen zur Folge haben würde, ist blauäugig. In Weltkriegen wird gestorben und zerstört und das dürfte angesichts der heute verfügbaren Waffen noch schlimmer ablaufen als in den beiden letzten Weltkriegen.

Ganz offensichtlich sind die bisherigen Strategien nicht erfolgreich. Der Krieg tobt seit mehr als 4 Monaten, die Stellungen der russischen Armee in der Ostukraine sind gesichert und die Ukraine kann mit ihren Mitteln der Übermacht nicht standhalten.

Dabei verhält es sich mit Putin fast so wie mit dem Coronavirus. Niemand versteht, wie sich beide entwickeln, was die letzten Stufen ihrer Angriffe sein werden und was immer man sich auch ausdenkt, es klappt nicht, da die Taktik des Angreifers nicht greifbar ist.

Was wird wohl in den Geschichtsbüchern künftiger Generationen stehen? Dass die Welt erneut in einen Weltkrieg „gestolpert“ oder „hineingezogen“ wurde? Dass man Millionen Menschen opfern musste, um einen Irren zu stoppen? Dass sich an diesem Krieg eine Handvoll Superreicher eine goldene Nase verdient hat? Und werden wir danach wieder Gedenktage festlegen, an denen sich alle gegenseitig versichern, dass es „nie wieder Krieg“ geben darf?

Nun bringen sich also die Armeen in Stellung, die Diplomatie ist erloschen, die Aktien der Rüstungsfirmen steigen. Würde Erich Maria Remarque noch leben, würde sein aktuelles Buch wohl „Im Osten nichts Neues“ heißen…

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