Ein Wahlkampf, der keine Lust auf Politik macht

Die Präsidentschaftswahlen 2017 werfen ihre Schatten voraus. Eine Peinlichkeit jagt die andere, die meisten Kandidaten haben laufende Gerichtsverfahren und irgendwie versteht man die Nichtwähler.

Sein aktuelles Buch hätte er lieber nicht schreiben lassen... Foto: Kenji Baptiste Oikawa / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Frankreich ist gerade nicht zu beneiden. Die 2017 anstehenden Präsidentschaftswahlen haben mit den Vorwahlen in den politischen Lagern begonnen und trotz einer großen Anzahl von Kandidaten muss man feststellen, dass da Not gegen Elend kämpft. Die Art der politischen Auseinandersetzung stammt direkt aus der untersten Schublade und es geht kaum um die Fragen, auf die Frankreich Antworten erwartet. Wer immer als nächster Präsident (oder Präsidentin) Frankreichs das Rennen macht, wird an den Krisen kaum etwas verändern.

Fast alle Kandidaten des bürgerlichen Lagers haben zum Auftakt ihres Wahlkampfs Bücher veröffentlicht, die alle den gleichen Grundtenor haben – „ich habe verstanden“, „ich habe mich geändert“, „mit meinem politischen Projekt wird Frankreich aus der Krise geführt“. Toll. Und jetzt hat auch François Hollande einen draufgesetzt – mit seinem Buch „Ein Präsident sollte so etwas nicht sagen…“ („Un président ne devrait pas dire ça…“) hat François Hollande das nächste Eigentor geschossen. Der Plan war sicher, sich den Franzosen als jemand zu präsentieren, der so denkt und redet wie jedermann, doch damit hat er sich keinen großen Gefallen getan. Die nach der Veröffentlichung ausgesprochene Bitte, doch möglichst nicht einzelne Zitate aus dem Zusammenhang zu reißen, dürfte ihm im Wahlkampf nicht erfüllt werden. Da muss man sich die Frage stellen, ob der französische Präsident eigentlich keine Berater hat, die ihm in den Arm fallen, wenn er solche Dinge tut…

Die beiden Journalisten der Zeitung Le Monde, die Hollande jahrelang begleiteten und seine Bonmots aufschnappten, haben dieses Buch veröffentlicht, das in Frankreich vor allem eine Frage aufgeworfen hat: „Warum begeht Hollande politisches Hara-Kiri?“ Denn die Aussagen, die in diesem Buch veröffentlicht werden, sowohl zu politischen wie zu privaten Themen, sind nichts anderes als Munition für den Wahlkampf seiner politischen Gegner.

So stößt seine Aussage „Die verschleierte Frau von heute ist die Marianne von morgen“ in Frankreich auf absolutes Unverständnis. Zumal die Erklärung Hollandes zu dieser Aussage ziemlich seltsam ist: „Wenn wir der verschleierten Frau die Bedingungen bieten, unter denen sie sich entfalten kann, dann wird sie sich vom Schleier befreien und Französin werden, wobei sie auch religiös bleiben kann, wenn sie das will…“ Oha.

Auch seine Aussagen zu seinem Konkurrenten Nicolas Sarkozy sind, gelinde gesagt, unglücklich. „Er ist ein kleiner De Gaulle. Wir hatten den kleinen Napoleon, und da hätten wir jetzt den kleinen De Gaulle“. Ein Wahlkampf, in dem man sich über körperliche Attribute des politischen Gegners lustig macht?! Mit 1,68 m ist Sarkozy in der Tat nicht der Größte, doch mit seinen 1,74 m ist Hollande nun auch nicht gerade ein Kandidat für die Basketballmannschaft des Elysee-Palasts. Und wenn er 2 Meter groß wäre, wäre diese Aussage immer noch reichlich schlechter Stil.

Und auch seine Planspiele für einen zweiten Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen klingen seltsam, wenn Hollande ankündigt, notfalls für Sarkozy stimmen zu wollen, wenn dies die einzige Möglichkeit wäre, die Wahl der Rechtsextremen Marine Le Pen zu verhindern. Als Kandidat sollte er sich etwas optimistischer präsentieren als laut darüber nachzudenken, welchen seiner Konkurrenten er nun wählen möchte…

Und wie peinlich, in so einem Buch auch noch gleich sein Liebesleben aufzurollen, das wie bei fast allen französischen Präsidenten von Seitensprüngen, Affären und pikanten Details geprägt ist. Aber, so erfährt der geneigte Leser, auch im Falle einer Wiederwahl beabsichtigt Hollande nicht, seine Beziehung zur Schauspielerin Julie Gayet zu „offizialisieren“. Was uns, ehrlich gesagt, nicht im Geringsten interessiert hatte.

Warum er dann auch noch die französische Justiz beleidigen musste, indem er sie als „Institution von Feiglingen“ bezeichnete, das wird wohl Hollandes Geheimnis bleiben.

Die Qualität der politischen Debatte nährt sich in Frankreich in diesem Vorwahlkampf dem Niveau des amerikanischen Wahlkampfs an. Und dann wundert man sich, dass sich immer weniger Menschen für die Politik interessieren…

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