Europa schließt die Augen vor den BRICS-Staaten

Kein Staatenbund repräsentiert eine auch nur annährend so große Macht wie die BRICS-Staaten. Wie gut deren Zusammenarbeit funktioniert, sieht man im Syrien-Konflikt. Nur wir sehen es nicht.

Niemand will einen 3. Weltkrieg - und wir stolpern trotzdem hinein. Foto: U.S. Department of Defense Current Photos / Wikimedia Commons / PD

(KL) – BRICS, das ist die Abkürzung für „Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika“ – ein Staatenbund, der mit 3,6 Milliarden Menschen die Hälfte der Weltbevölkerung umfasst. Innerhalb der BRICS-Staaten wurde bereits das größte Handelsabkommen in der Geschichte der Menschheit geschlossen, nämlich der Erdöl- und Erdgas-Deal zwischen China und Russland, der 400 Milliarden Dollar schwer ist und perspektivisch den Rest der Welt von den riesigen russischen Reserven dieser Energieträger abschneiden wird. Politisch sind diese Staaten ohnehin ein Macht und was man im Westen nicht wahrnehmen möchte, ist dass das Eingreifen der Chinesen im Syrienkonflikt an der Seite Russlands könnte der Auftakt zu einem Großkrieg sein, bei dem es nur Verlierer geben wird.

Wo stehen wir heute? Die NATO will ab dieser Woche verstärkt Luftangriffe auf Damaskus fliegen, nachdem sich die internationale Gemeinschaft als unfähig und unwillig erwiesen hat, das Massaker an der Zivilbevölkerung von Aleppo zu stoppen. Entsprechende Resolutionen zum Thema Syrien werden im Weltsicherheitsrat der UNO systematisch durch die Vetos der einen und der anderen verhindert, wodurch auch die UNO zu einem zahnlosen Tiger wird.

Beide Seiten intensivieren nun die Drohgebärden, doch die Annahme, es handele sich um eine Auseinandersetzung zwischen Russland und den USA, der täuscht sich. Die Konfrontation, die gerade auf syrischem Boden ausgetragen wird, ist die Schlacht zwischen der NATO unter politischer Führung der USA auf der einen Seite und den BRICS-Staaten unter der politischen Führung Russlands auf der anderen Seite. Und wenn zwei Drittel der Weltbevölkerung aufeinander losgehen, dann ist die vor allem in russischen Medien zirkulierende Bezeichnung „3. Weltkrieg“ nicht falsch.

Zu denken, dass uns das alles nichts anginge, ist ebenso eine Fehleinschätzung. Denn Frankreich und Deutschland gehören zum „Team NATO/USA“ und sind aktiv, direkt und indirekt, an diesem Krieg in Syrien beteiligt.

Doch warum schließt der Westen die Augen vor den Realitäten? Warum reden wir nur über Russland? Wollen oder können wir nicht sehen und hören? Dabei sind die Ansagen doch völlig eindeutig. So erklärte der stellvertretende chinesische Außenminister Li Baodong, dass China und Russland ähnliche Positionen in den meisten internationalen und regionalen Fragen einnehmen, auch in Syrien und Afghanistan. Die Präsenz chinesischer Kriegsschiffe vor der syrischen Küste unterstreicht diese Aussage.

Lösungen sind kaum noch in Sicht, der diplomatische Kanal scheint ausgeschöpft zu sein.

Es ist an der Zeit, auch über eine Reform der UNO und ihrer Institutionen nachzudenken, diese internationale Organisation zu einem Völkerbund mit echten Kompetenzen zu verwandeln. Statt sehenden Auges in den nächsten Weltkrieg zu stolpern, muss jetzt gehandelt werden. Der erste Schritt hierzu kann nur sein, dass sofort sämtliche Kampfhandlungen in Syrien eingestellt werden und sich alle Kriegsparteien, nicht nur die USA und Russland, wieder an den Verhandlungstisch setzen. Denn bei einem 3. Weltkrieg kann es keine Gewinner geben. Sondern nur Verlierer.

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