Fall Assange – Schweden bekommt kalte Füße

Offenbar will sich die schwedische Justiz nicht zum blinden Erfüllungsgehilfen der USA machen, die am Whistleblower Julian Assange ein Exempel statuieren will. Europa muss endlich anfangen, Whistleblower wirklich zu schützen.

Exil in der Botschaft Ecuadors, Haft in London, Teilnahme an Konferenzen nur über Videoschalte - so gut schützt Europa die Whistleblower. Eine Schande. Foto: Andy the Arc / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Wie wird es nun mit Julian Assange weitergehen? Der Whistleblower, der zurzeit in britischer Haft sitzt, da er in seinem Exil in der Botschaft Ecuadors Verstöße gegen das britische Meldegesetz beging, steht in Schweden immer noch unter Anklage wegen „Vergewaltigung“, auch, wenn das, was 2010 angeblich vorgefallen sein soll, mehr als zweifelhaft ist. Die USA drängen Schweden, eine Auslieferung zu beantragen, da sie davon ausgehen, dass es einfacher ist, sich Assange von den Schweden übergeben zu lassen. Doch daraus wird erst einmal nichts – ein schwedisches Gericht hat den Auslieferungsantrag von Staatsanwältin Eva-Marie Persson abgewiesen, mit dem Hinweis, dass die seit 9 Jahren laufende Ermittlung nicht erfordert, dass Assange in schwedischer Haft sitzt.

2018 stand (neben anderen Themen) unter dem Zeichen des Schutzes von Whistleblowern. In vielen Ländern und selbst auf Ebene der EU wurden Maßnahmen ergriffen, mit denen der Schutz von Whistleblowern garantiert werden soll, doch im Fall Assange, wo ein solcher Schutz mehr als angebracht wäre, versagen alle Mechanismen, mit denen der Wikileaks-Gründer geschützt werden könnte.

Natürlich kann niemand aus der Ferne beurteilen, was da 2010 tatsächlich passiert ist. Es fällt allerdings schwer sich vorzustellen, wie der schmächtige Assange gleichzeitig zwei Schwedinnen vergewaltigt haben soll, ohne Drohung, ohne Waffen, ohne alles. Gleichzeitig ist bekannt, dass die USA alles daran setzen, aber wirklich alles, Assange in die Hände zu bekommen, um ihn stellvertretend für alle Whistleblower zu 15mal Lebenslänglich verurteilen zu können. Das zu verhindern ist nun Aufgabe der EU. Blöd nur, dass Assange in einem Land im Gefängnis sitzt, dessen Tage als Mitglied der EU gezählt sind und das mit allen Mitteln versucht, sich bei seinem letzten Verbündeten, den USA, einzuschleimen. Wird Assange die Morgengabe der Briten im Gegenzug für ein neues britisch-amerikanisches Freihandelsabkommen?

Wieso ist die EU nicht einmal mutig und stellt Assange unter den Schutz der europäischen Institutionen? – Warum gibt man Assange kein europäisches Asyl? Weil es das juristisch nicht gibt? Dann sollte man ein solches europäisches Asyl schleunigst einrichten. Seien wir deutlich – Julian Assange sitzt im Gefängnis, weil er die USA und deren dunkle Machenschaften herausgefordert hat. Dank Assange und Wikileaks hat die Welt sehr viel über die Vorgehensweise der USA in der Weltpolitik erfahren, über Hintergründe zu kriegerischen Handlungen, zur Verquickung politischer und wirtschaftlicher Interessen. Die Welt schuldet Assange Dank, doch Fakt ist, dass Assange inhaftiert und damit ein politischer Gefangener ist. Es ist ein Armutszeugnis für die EU, dass sie immer noch politische Häftlinge in so genannten Rechtsstaaten akzeptiert und dass sie es sich nicht abgewöhnen kann, nach der amerikanischen Pfeife zu tanzen.

Das Schweden nun nicht erpicht auf die Rolle des „Exekutors“ ist, das versteht man. Doch ist es auch keine Lösung, einfach nur auf Zeit zu spielen und zu hoffen, dass Assange bis zu einer endgültigen Klärung der Vorwürfe in britischer Haft verschimmelt.

In neun Jahren konnte kein materieller Beweis für diese vermeintliche Vergewaltigung vorgelegt werden und es ist kaum anzunehmen, dass dieser Fall nach neun Jahren neue Erkenntnisse erbringen kann. Julian Assange darf nicht in die Fänge der USA geraten und sein Platz ist nicht in einem britischen Gefängnis. Wie wäre es denn, wenn die EU ausnahmsweise einmal das Richtige täte und sich schützend vor Julian Assange stellte?

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