Fessenheim: Energiewende à la française mit Rolle rückwärts

Die Einspruchsfrist gegen die Wasserrechtlichen Bewilligungen für den Weiterbetrieb des AKW Fessenheim läuft aus. Einsprüche können nur noch bis zum 21.12. eingereicht werden.

Statt das veraltete AKW Fessenheim endlich stillzulegen, überlässt Frankreich ausgerechnet dem Betreiber EdF die Verfahrenshohheit. Foto: Eurojournalist(e)

(BUND / Red) – Es war einmal vor langer Zeit, da wurde ein neuer Präsident im schönen Frankreich gewählt, der auch deshalb gewählt wurde, weil er dem Volk versprach, es von der Herrschaft der Energiekonzerne befreien zu wollen. Das Volk freute sich und stimmte für ihn. Denn es dachte, dass der Präsident es ernst meinte, als er ankündigte, das älteste Atomkraftwerk Frankreichs schließen zu wollen. Alleine, er tat es nicht. Während er seine Kommissare nach Fessenheim schickte, um so zu tun, als würde die Schließung voran kommen, verlängerten die Gerichte die Betriebserlaubnis für diesen verstaubten Atommeiler bis zum Sankt-Nimmerleinstag (wobei die Gerichte festlegten, dass es künftig in Fessenheim am Rhein keine Überschwemmungen oder Erdbeben geben dürfe, was die Frage aufwirft, ob tektonische Platten den weisen Beschlüssen französischer Verwaltungsgerichte gegenüber gebunden sind) und nun wollen die Betreiber dieses alten AKWs auch noch eine neue Bewilligung für die Entnahme von Kühlwasser aus dem Rhein erhalten. Was nicht gerade darauf hinweist, dass man gerade die Schließung dieses AKWs betreibt.

Hierzu erklärt der Naturschutzbund BUND: „Am 1. Dezember 2014 überraschte die französische EdF die Menschen am Oberrhein mit einem `Antrag auf Änderung der Bewilligungen für die Entnahme von Wasser und die Einleitung von Abwässer in den Rheinseitenkanal, sowie die Emission gasförmiger Stoffe in die Luft, in dem von ihr betriebenen Kernkraftwerk in Fessenheim`. In einem Anhörungsverfahren haben die Betroffenen auf beiden Rheinseiten nur 21 Tage –also nur noch bis zum 21. Dezember 2014– Zeit, die mehr als 2000 Seiten –und nur online verfügbaren– Unterlagen zu lesen und Einspruch einzulegen. Das Vorgehen erweckt eher den Eindruck eines Beteiligungs-Behinderungsverfahrens.”

Der Grund für den Antrag der EdF ist, dass das AKW Fessenheim über keine rechtsgültigen Bewilligungen für die Entnahme von Rheinwasser und die Einleitung von chemisch und radioaktiv belasteten Abwässern verfügt. Der trinationale Atomschutzverband TRAS hat diese Tatsache seit Jahren vor den Gerichten kritisiert. Doch angesichts der von der französischen Regierung angekündigten Schließung des AKW bis 2016 ist es mehr als seltsam, dass die EDF diese Bewilligungen für das marode Kraftwerk jetzt noch beantragt. Im Interesse von Mensch und Umwelt sowie rechtskonform wäre es, das Werk endlich stillzulegen.“

Da haben TRAS und der BUND natürlich Recht. TRAS hat mit Unterstützung des BUND und französischen Umweltschützern eine umfangreiche Stellungnahme in Auftrag gegeben. Die 19-seitige deutsch-französische Expertise wurde am 15.12.2014 an die TRAS-Mitgliedsgemeinden und -Mitgliedsverbände verschickt, damit auch diese noch rechtzeitig vor dem 21.12.2014 Einspruch einlegen können. Für TRAS hat zudem die französische Anwältin Corinne Lepage eine Stellungnahme erarbeitet, in welcher zusätzlich auf die Unvereinbarkeit des Antrags der EdF mit französischem Recht verwiesen wird.

Nach Aussagen der Experten ist der Antrag der Électricité de France (EdF) für eine Genehmigung der Einleitung von Abwärme und von radioaktiv und chemisch belasteten Abwässern in den Rhein ist rechtsfehlerhaft, d.h., er widerspricht geltenden französischen und europäischen Rechtsnormen. Wesentliche Umweltaspekte werden nicht oder nur mangelhaft berücksichtigt. Die Anforderungen der Umweltverträglichkeitsprüfung sind deshalb aus Sicht von TRAS und BUND nicht erfüllt. Die Genehmigung des Neuantrags der EdF ist demzufolge ebenfalls rechtsfehlerhaft, weshalb der Antrag der EdF abzulehnen ist.

Die Stellungnahmen von Betroffenen müssen erstaunlicherweise bei der EDF eingereicht werden, die in der Sache „Partei“ ist. TRAS und der BUND fordern deshalb dazu auf, Kopien der Einsprüche in der verbleibenden, sehr kurzen Zeit bis zum 21.12.2014 direkt auch an die Aufsichts- und Bewilligungsbehörde ASN zu senden.

Am Ende der Öffentlichkeitsbeteiligung wird die EDF die Stellungnahmen sammeln und eine Bilanz ziehen, welche innerhalb eines Monats der ASN, dem Präfekten des Haut-Rhin und der örtlichen Informations- und Überwachungskommission (CLIS) vorgelegt wird – wobei man sich fragen darf, ob EDF jetzt in Frankreich die Macht übernommen hat? Wie war das mit dem Bock als Gärtner? In Deutschland und der Schweiz wäre so etwas undenkbar. Es ist ungefähr so, als wenn ein Bäcker überfallen worden wäre und der Überfallene muss seine Anzeige beim Räuber abgeben, damit dieser Bilanz ziehen kann, um die Bilanz dann an die Polizei weiter zu reichen…

Wer Einspruch einlegen möchte (und das sollten möglichst viele Menschen am Oberrhein tun, findet auf der Homepage des BUND ein Musterschreiben, sowie die Emailadressen der EDF und der ASN, an die dieses Schreiben zu schicken ist. Nicht warten – gleich machen und HIER KLICKEN!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste