Frankreich bereitet sich auf den Pandemie-Herbst vor

Die französische Nationalversammlung hat sich mit dem Senat auf einen Kompromiss für neue sanitäre Maßnahmen verständigt. Einige davon sind überraschend.

Wenn der Sommer vorbei ist, beginnt der Pandemie-Herbst. Und der wird erneut knackig werden. Foto: NIH Image Gallery from Bethesda, Maryland, USA / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Dass man sich in der französischen Politik abstimmen muss, Kompromisse schließt, nach gemeinsamen Lösungen sich, ist für die V. Republik ungewöhnlich. Doch nach den Parlamentswahlen, bei denen die Wähler der Präisdentenpartei „Ensemble!“ aka „Renaissance“ aka „La République en Marche“ die absolute Mehrheit verweigerten, muss sich die französische Politik an dieses neue Konzept gewöhnen, das man anderswo Demokratie nennt. Nun beschlossen Parlament und Senat ein Maßnahmenpaket für den Pandemie-Herbst und offenbar rechnet man in Paris mit einer bedrohlichen Entwicklung.

Wenig überraschend, da bereits angekündigt, ist die jederzeit aktivierbare Möglichkeit, an den französischen Grenzen von allen Einreisenden einen Impfnachweis zu fordern. Dies ist in ganz Europa vorgesehen und soll mit dem sogenannten EU-Impfpass digital oder auf Papier erfolgen. Die Grenzkontrollen sind dabei nicht als faktische Abschaffung von Schengen gedacht, sondern als der Versuch, die Ausbreitung der gefühlt 150. Virus-Variante einzudämmen.

Deutlich Überraschender ist der Beschluss, nicht geimpftes Pflegepersonal, das man in den bisherigen Wellen vom Hof gejagt hatte, kurzfristig wieder einstellen zu können, wenn die Oberste Gesundheitsbehörde (HAS) der Ansicht ist, dass eine Impfpflicht für Pflegepersonal nicht mehr erforderlich ist. Doch diese Regelung kann man auch anders lesen – offenbar rechnet man wieder mit so vehementen Wellen und Druck auf die Krankenhäuser, dass man bereit ist, die zuvor mit Berufsverbot belegten, ungeimpften Pflegekräfte wieder einzustellen.

Dies hat natürlich nichts mit neuen Erkenntnissen über Sinn und Zweck einer Impfpflicht zu tun, sondern damit, dass man bereits heute den Pflegenotstand im Herbst absieht und keine Möglichkeit hat, weiteres Personal anzuwerben. Also will man auf diejenigen zurückgreifen, die man lange zu Sündenböcken abgestempelt und stigmatisiert hatte. Die Frage lautet nur, ob diese Pflegekräfte, die durch die Politik in ernste Existenzkrisen gestürzt wurden, überhaupt noch bereit sind, für diejenigen die Kastanien aus dem Feuer zu holen, die sie zuvor fast wie Kriminelle behandelt hatten.

Wenn an sieht, wie sich die Pandemie in vielen Ländern entwickelt, wie viele Regierungen an neuen Maßnahmen-Paketen arbeiten, dann sollte man die nächsten Sommerwochen und den Urlaub intensiv genießen. Denn sobald der Sommer vorbei ist, werden die Daumenschrauben wieder angezogen werden. Und genau darauf bereitet sich die europäische Politik gerade vor.

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