Für die Ukraine wird es immer enger

Der Wintereinbruch ist an der russisch-ukrainischen Front eine einzige Tortur, die russische Armee rückt vor, mehrere europäische Länder streichen die Unterstützung und dazu kommen innenpolitische Ärgernisse.

Der Krieg in der Ukraine hat schon viel zu viele Opfer gekostet. Foto: Tatyana Tkachuk / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Die Lage für die Ukraine, nach fast zwei Jahren der Verteidigung gegen die russische Invasionsarmee, wird immer schwieriger. Nicht nur, dass dieser Krieg seit gut einem Jahr zu einem reinen Stellungskrieg geworden ist, in dem sich beide Seiten mit modernster Drohnen-Technik gegenseitig überwachen und umbringen, dazu geht mehreren bisherigen Unterstützern der Ukraine langsam die Puste aus. Wenn selbst der ukrainische Armeechef Walerij Saluschny von einer „Patt-Situation“ spricht, nützt es immer weniger, wenn ihm Präsident Selenskij widerspricht und weiter Milliarden und Waffen fordert, denn seine Ankündigungen von Siegen glaubt inzwischen selbst in der Ukraine kaum noch jemand. Irgendwie muss dieser Krieg beendet werden und das wird man mit den bisherigen Mitteln nicht erreichen.

Dass die russische Armee aus dem Donbass und der Krim vertrieben werden kann, ist inzwischen nur noch unrealistisches ukrainisches und westliches Wunschdenken. Doch ebenso unwahrscheinlich ist, dass Putin bereits die nächsten Angriffs-Szenarien in der Schublade hat, wenn man seine Schwierigkeiten, Kosten und menschlichen Verluste sieht, die bereits die Okkupation von weniger als einem Fünftel des ukrainischen Territoriums kostet. Doch als ob das nicht reichen würde, hat die Ukraine heute eine Reihe weiterer Probleme.

Das wohl bedrückendste Problem für Kiew dürfte die spärlicher werdende Unterstützung aus dem Westen sein. Die USA haben inzwischen riesige Haushaltsprobleme, Deutschland ebenso, die Slowakei stellt ihre Unterstützung ein und der ungarische Putin-Freund Viktor Orban hat vor dem EU-Gipfel in Brüssel bereits angekündigt, dass sein Land jedwede Ukraine-Beschlüsse blockieren wird. Dies bezieht sich sowohl auf weitere EU-Milliarden, die Ursula von der Leyen bereits vollmundig angekündigt hat, als auch auf eventuelle Beitrittsverhandlungen der EU mit der Ukraine. Zu beiden Themen wird der Brüsseler Gipfel ergebnislos verlaufen.

Doch das ist noch lange nicht alles. Nicht nur, dass sich an der polnisch-ukrainischen Grenze auf Dutzenden Kilometern tausende LKWs stauen, da die polnischen Fernfahrerer gegen das ukrainische Dumping im Speditionssektor protestieren und keine LKWs aus der Ukraine mehr durchlassen (inzwischen betrifft dies auch einen slowakisch-ukrainischen Grenzübergang), was zu einer deutlichen Abkühlung der Beziehungen zwischen Kiew und Warschau führt, dazu wird Selenskij immer heftiger von den Klitschkos kritisiert, die in der Ukraine ein starkes Standing haben.

Auf der langen Liste der ukrainischen Probleme steht auch, dass der Westen seine eigenen Sanktionen gegen Russland unterläuft und nach wie vor Putins Kriegskasse füllt. Doch die florierenden Geschäfte mit russischen Energieträgern sind nicht dazu geeignet, Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen, im Gegenteil. Dieser Krieg ist inzwischen ein Geschäftsmodell geworden, sowohl für Moskau, als auch für Kiew. Doch wie lange soll das so weitergehen?

Der Wintereinbruch und das militärische Patt tun ein Übriges – inzwischen ist den meisten Beobachtern klar, dass dieser Krieg militärisch nicht zu gewinnen ist. Insofern ist die „Strategie“ einer Ursula von der Leyen, einfach weiter Milliarden in die Ukraine zu pumpen, keine Lösung. Wobei sich etliche Beobachter auch die Frage stellen, was Frau von der Leyen eigentlich zu diesen pharaonischen Zahlungen an die Ukraine bewegt…

Einfach so weitermachen wie bisher, ist ebenfalls keine Lösung. Für die Milliarden an Unterstützung opfert die Ukraine eine ganze Generation junger Menschen, die in den kommenden Jahrzehnten fehlen werden, um das Land wieder aufzubauen. Da reichen die Sieges- und Durchhalteparolen Selenskijs nicht mehr aus, um den Westen davon zu überzeugen, auch die letzten sozialen Gleichgewichte für einen Krieg zu opfern, der nicht gewonnen werden kann.

Da inzwischen fast jedem klar ist, dass dieser Krieg nur am Verhandlungstisch gelöst werden kann, wäre es besser, mit den Verhandlungen gleich zu beginnen, statt weiterhin das Töten und Sterben zu finanzieren. Dass die Ukraine dabei schmerzhafte Zugeständnisse machen muss, ist auch klar, doch wird daran kaum ein Weg vorbeiführen. Die Krim und der Donbass werden wahrscheinlich so lange an Russland fallen, bis sich die politische Wetterlage in Moskau eines Tages verändert. Das kann dauern, doch ist dies wohl der einzige Weg, um aus diesem Krieg herauszukommen.

Die Geschichte zeigt, dass Unrecht-Regimes nie ewig halten. 1000jährige Reiche überdauern gerade mal 12 Jahre und auch das als ewig geltende römische Reich verlor sich in seiner eigenen Dekadenz. Die Tschechoslowakei ist heute auch nicht mehr die Tschechoslowakei, sondern die Tschechische Republik und die Slowakei, trotz 30 Jahren der russischen Besatzung. Die DDR gibt es auch nicht mehr, sondern wurde zu den „neuen Bundesländern“. Und die Liste der Beispiele, bei denen Unrecht-Regimes irgendwann die Puste ausging, könnte weitergeführt werden.

2024 muss das Jahr der Verhandlungen werden, das Jahr, in dem aus dem Begriff „Frieden“ wieder ein positiv besetztes Wort wird. Die Kriegstreiber auf allen Seiten müssen gestoppt werden, bevor tatsächlich ein noch katastrophales Eskalations-Szenario entsteht. Dieser Krieg muss beendet werden, denn ihn weiterzuführen, bringt niemandem etwas. Nicht der Ukraine, nicht dem Westen und auch nicht Russland.

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