Für Weselskys Gier müssen alle zahlen

Momentan läuft die Urabstimmung bei der Lokführer-Gewerkschaft GDL. Für die Adventszeit drohen also wieder Streiks und die Forderungen der GDL sind geradezu unanständig.

Für die völlig überzogenen Forderungen des Claus Weselsky muss die Allgemeinheit bezahlen. Foto: Martha Doerfler / RLS - Rosa-Luxemburg-Stiftung / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Nach dem ersten Warnstreik der Lokführer-Gewerkschaft GDL läuft nun die Urabstimmung für weitere Streiks in der Advents- und Weihnachtszeit, also für einen Zeitraum, in dem viele Menschen unterwegs sind, um Familie oder Freunde zu besuchen. Trotz eines durchaus generösen Angebots der Deutschen Bahn will die GDL vorerst nicht weiterverhandeln, sondern insistiert auf Forderungen, die in der aktuellen Zeit völlig überzogen sind. Dabei sollte man eines nicht vergessen – für die Forderungen der GDL müssen alle Bürgerinnen und Bürger aufkommen, denn die Deutsche Bahn befindet sich im Besitz des Bundes, also von allen Bundesbürgern.

An dieser Stelle sollte man vielleicht nicht unbedingt auf den jämmerlichen Vorstellungen der Deutschen Bahn herumhacken, die es bis Oktober 2023 geschafft hat, dass 2023 nur rund zwei Drittel aller Züge pünktlich waren und die aus Bahnreisen echte Abenteuer gemacht hat – wer mit der Bahn reist und dabei umsteigen muss, hat gute Chancen, sein Ziel nicht oder nur mit enormen Verspätungen zu erreichen. Insofern handelt es sich den Forderungen der GDL nicht etwa um „Leistungsprämien“, sondern lediglich um einen mächtigen Schluck aus der Pulle, der von der Allgemeinheit finanziert werden soll.

Nun ist es Aufgabe einer Gewerkschaft, für optimale Arbeits- und Entlohnungs-Bedingungen für ihre Mitglieder zu sorgen. Doch gleichzeitig ist es Aufgabe einer Gewerkschaft, sich als Sozialpartner zu verhalten und diese Aufgabe vernachlässigt GDL-Chef Claus Weselsky geradezu sträflich. Ein Blick auf das Angebot der Deutschen Bahn und die Forderungen der GDL zeigt, dass Weselsky jegliche Bodenhaftung verloren hat.

Die Bahn bietet eine Lohnerhöhung von 11 % (!) und eine „Inflationsprämie“ von 2.850 € für die Beschäftigten, bei einer Laufzeit von 32 Monaten. Warum eine so lange Laufzeit? Weil ein Unternehmen wie die Bahn auch so etwas wie Planungssicherheit braucht. Nachvollziehbar. Die GDL fordert eine Lohnerhöhung von monatlich mindestens 555 € pro Mitarbeiter, dazu Schichtzulagen von 25 %, eine „Inflationsprämie“ von 3.000 € und eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich, das Ganze für eine Laufzeit von nur 12 Monaten, was bedeutet, dass der ganze Zirkus bereits nächstes Jahr wieder von vorne losgehen wird.

Nur, das Staatsunternehmen Deutsche Bahn ist nicht etwa ein höchst erfolgreiches IT-oder Energie-Unternehmen, bei dem es darum geht, riesige Gewinne fair zwischen der Belegschaft und den Aktionären aufzuteilen. Wäre dies der Fall, wären die Forderungen der GDL durchaus nachvollziehbar. Doch die Deutsche Bahn ist ein Unternehmen, das am Tropf hängt. Bis 2027 muss sie 47 Milliarden € in die Sanierung einer gefährlich veralteten Infrastruktur stecken, dazu leidet sie unter Personalmangel. Wenn sich die GDL durchsetzen sollte (wobei völlig unklar ist, womit sie die enormen Zuwendungen an ihre Mitglieder rechtfertigt), wird sich das logischerweise nur durch höhere Ticketpreise und die Aufnahme öffentlicher Schulden finanzieren lassen – sprich, die Allgemeinheit muss für die unglaublichen Forderungen des Herrn Weselsky aufkommen.

Doch die GDL hat einen Trumpf in der Hand, an dem niemand vorbeikommt – ohne ihre Mitglieder fährt kein Zug in Deutschland. Dass inzwischen immer mehr Menschen durch die maue Zuverlässigkeit der Bahn wieder auf Verkehrsmittel umsteigen, mit denen die Umwelt stärker belastet wird, egal. Dass es kaum einen anderen Berufsstand in Deutschland gibt, der sich solche Lohnsteigerungen in Zeiten der leeren Kassen erstreikt, egal. Dass der allgemeine Kontext von allen mehr Solidarität erfordert, egal. Herr Weselsky will sich als „Held der Belegschaft“ feiern lassen und dass dies auf dem Rücken der Allgemeinheit geschieht, egal.

Doch anders als in der Vergangenheit, als die GDL teilweise Wochen und Monate lang streikte, darf sie dieses Mal nicht auf den Rückhalt der Bahnkunden hoffen. Denn die Kunden der Bahn haben keinen Zugriff auf die Privilegien der GDL-Mitglieder und sind sich darüber im Klaren, dass sie für diesen Schluck aus der Pulle bezahlen müssen.

Die GDL will Gelder haben, die gar nicht vorhanden sind und es geht hier nicht etwa um die gerechtere Umverteilung erwirtschafteter Gewinne, sondern darum, dass die Allgemeinheit die Gier des Herrn Weselsky entweder über Schulden oder den Verzicht auf eine sichere Infrastruktur bezahlen muss.

Das Angebot der Deutschen Bahn ist in der Tat und angesichts der Umstände generös. Wer bekommt in der heutigen Zeit schon eine Lohnerhöhung von 11 % und einen steuerfreien Inflationsbonus von 2.850 €? Würden diese Forderungen im Energiesektor, der Pharmabranche oder in der Rüstungsindustrie erhoben, wo seit geraumer Zeit unanständige Gewinne gemacht werden, könnte man Verständnis für diesen „Arbeitskampf“ haben. Doch das ist bei der Deutschen Bahn nicht der Fall. Bleibt nur noch zu hoffen, dass keine 75 % der GDL-Mitglieder für die erneuten Streiks stimmen. Doch die Hoffnung auf Vernunft bei der GDL dürfte vergeblich sein…

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