„Geboostert“ oder „gebusted“?

Meine dritte Impfdosis war offenbar nicht viel mehr als das Warmlaufen für die 4. Dosis. Und dieses Mal habe ich mich nur noch unter Zwang „piksen“ lassen.

Ob diese 3. Dosis wirklich etwas bringt? Foto: Gobierno de la Provincia de Santa Fe / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.5ar

(KL) – Ja, ja, ich bin ein guter Bürger. Ich habe am 23. Dezember meine dritte Dosis bekommen. Drei Tage auf der Nase, mit Fieber, schmerzendem Arm, Kopfsschmerzen, Müdigkeit. Gebongt, das gehört dazu. Aber ich gebe zu, im Gegensatz zu den ersten beiden Dosen (mit einem Impfstoff, der offenbar so klasse ist, dass man ihn inzwischen vom Markt genommen und Restbestände in die Dritte Welt geschickt hat), war meine dritte Dosis nicht etwa mein Beitrag zu einer kollektiven Anstrengung, dieses Virus zu bekämpfen, sondern ich habe mich unter Zwang impfen lassen. Denn ich habe keine Lust, nicht mehr arbeiten zu können und zum „Paria“ der Gesellschaft zu werden.

Während viele Menschen noch auf Termine für die 3. Dosis warten, verkünden andere bereits stolz in den Sozialen Netzwerken ihre Impftermine für die 4. Dosis (!) im Februar. Das ist nicht unbedingt eine gute Werbung für die 3. Dosis, wenn diese so gute Ergebnisse bringt, dass man direkt im Anschluss die 4. Dosis braucht. Diese immer schneller werdende Abfolge von Impfdosen stellt zumindest Fragen zu den Aussagen, dass die 3. Dosis uns alle derart „boosted“, dass wir dann ganz prima gegen dieses Virus geschützt sind. Das gleiche hatte man uns übrigens auch zu den ersten beiden Dosen erzählt.

Inzwischen sind überall in Europa ziemlich hohe Impfquoten erreicht. Impfquoten, von denen man uns vor zwei Jahren erzählt hatte, dass diese zu einer „kollektiven Immunität“ führen würden. Das Ergebnis dieser einzigen, absoluten und nicht diskutierbaren Strategie ist, dass wir heute den höchsten Pandemie-Stand seit Beginn der Krise haben. Und das könnte einen ja durchaus zu der Fragestellung führen, ob diese Strategie wirklich so erfolgreich ist, wie unsere Regierungen uns das erzählen. Aber die Politik scheint überzeugt zu sein – denn sonst würde man ja nicht den Impfzwang ankündigen, den es ja faktisch bereits gibt und der Anfang des Jahres in Gesetzesform gegossen wird.

Also zähle ich nun in den Statistiken zu denjenigen, die von den genialen Strategien der Regierenden „überzeugt“ worden sind. Mit der Pistole an der Schläfe… Aber dennoch, und ohne „Querdenker“ zu sein, verstehe ich diejenigen, die nicht „schwurbeln“, sondern Fragen stellen, auf die es nach wie vor keine Antworten gibt. Zu einem Zeitpunkt, zu dem viele noch nicht einmal einen Impftermin für die heilsbringende 3. Dosis haben, wird bereits mit der 4. Dosis begonnen. Aber wir sollen weiterhin glauben, dass uns diese 3. Dosis derart „boosted“, dass wir prima geschützt sind. Und natürlich andere schützen. Das erzählen und die gleichen vertrauenserweckenden Quellen, die uns vor anderthalb Jahren gesagt haben, dass man auf keinen Fall Gesichtsmasken tragen dürfe, weil man dann am selbst produzierten CO2 ersticken würde.

Das alles wäre noch nachvollziehbar und erträglich, hätte man ansonsten das Gefühl, dass alle alles daran setzen würden, diese Pandemie wirklich zu bekämpfen. So, wie es die Südafrikaner und die Kubaner tun, die ihre Impfstoffe Schwellen- und Entwicklungsländern kostenlos zur Verfügung stellen. Dazu verzichtet man in diesen Ländern auf den Patentschutz für die jeweiligen Impfstoffe. Bei uns macht man das anders – bei uns geht es inzwischen nur noch darum, dass die Hersteller von Impfstoffen und deren Aktionäre möglichst viel Geld verdienen. Und sich daher natürlich weigern, ihre Patente freizugeben.

Ja, ja, ich bin ein guter Bürger. Mit meinen drei Impfdosen darf ich praktisch alles, ich darf auch ungetestet zu Massenveranstaltungen (die man konsequenterweise um jeden Preis aufrecht erhält, denn was wäre das Leben ohne Weihnachtsmärkte und Fußballspiele in der gemütlichen Atmosphäre, die man mit 25.000 Gleichgesinnten teilen kann?), ob ich nun das Virus in mir trage oder nicht. Dass da der eine oder andere auf die Idee kommt, dass es gar nicht so sehr darum geht, diese Pandemie in den Griff zu bekommen, das muss man aushalten.

Es wäre vielleicht alles nachvollziehbarer und verständlicher, hätte man das Gefühl, diese Pandemie würde wirklich bekämpft werden. Zum Beispiel durch ein europäisches Management der Krise und der Maßnahmen. Aber seit zwei Jahren stricken alle Regierungen an völlig unbrauchbaren und erfolglosen Maßnahmen, die sich zum großen Teil gegenseitig aufheben und man weigert sich weiterhin, sich zu diesen Maßnahmen abzustimmen und dieses Virus gemeinsam zu bekämpfen. Wenn man das hilflose Gestümper der Regierungen anschaut, ist es schwierig zu glauben, dass hier wirklich ein gemeinsamer Gegner, nämlich das gleiche Virus, bekämpft werden soll. Dass nach zwei Jahren der Pandemie die Regierungen so dämlich sind, dass sie nicht verstanden haben, dass man diesen gemeinsamen Gegner auch nur gemeinsam in den Griff bekommen kann, ist schwer zu glauben.

Ja, ja, ich bin ein guter Bürger. Wenn ich ins Café oder ins Kino gehe und meinen Impfpass vorzeige, ist es den Kontrolleuren egal, ob ich gerade das Virus in mir trage oder nicht. Immerhin, ich gehöre ja zu den „Geboosterten“, denen nun wieder alles erlaubt ist. Aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich eher zu den „Gebusteten“ gehöre, zu denjenigen, denen man seit 2 Jahren Blödsinn erzählt.

Wünschen wir uns also für das kommende Jahr, dass unsere Regierungen endlich anfangen, dieses Virus zu bekämpfen. Durch eine kontinentale Strategie, europaweit gemeinsame und harmonisierte Maßnahmen, die Freigabe der Impfstoff-Patente und eine ehrliche Kommunikation zu eben diesen Impfstoffen. Man wird ja wohl noch träumen dürfen…

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