Gedächtnisarbeit 2018 – in Kehl

Der November 2018 ist ein Monat, in dem man zahlreicher historischer Ereignisse gedenken sollte. Mit einem einzigen Ziel: Nie wieder so etwas!

Eine strukturierte Gedächtnisarbeit hilft, dass wir nie wieder solche Schilder sehen müssen. Foto: ScS EJ

(KL/PM) – Der November 2018 ist ein historischer Monat. Vor genau 100 Jahren, am 11. November 2018, kapitulierte das Deutsche Reich und somit konnte der I. Weltkrieg enden. Wie wenig die Menschen aus diesem mörderischen Ereignis ihre Lehren gezogen hatten, erkannte man exakt 20 Jahre später, am 10. November 1938 – als die Reichspogromnacht zeigte, wohin der Wahnsinn der Nazis führen würde. Beide Ereignisse, das Ende des I. Weltkriegs und die Reichspogromnacht, hängen miteinander zusammen. Das Chaos, das nach dem I. Weltkrieg ausbrach, ebnete den Weg hin zu Nazi-Deutschland. Und angesichts der Tatsache, dass im Jahr 2018 schon wieder einige geistig Verwirrte den Ideen dieses Nazi-Wahnsinns anhängen, zeigt, wie wichtig es ist, eine strukturierte Gedächtnisarbeit zu organisieren.

Die Stadt Kehl tut dies, denn auch in Kehl wurden Männer jüdischen Glaubens am 10. November 1938 vor aller Augen durch die Straßen getrieben, gedemütigt, im Gestapo-Haus auf der Kommissionsinsel verhört und geschlagen, sowie in der damaligen Festhalle in der Jahnstraße eingesperrt und misshandelt: Zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht hat der Arbeitskreis 27. Januar, dem auch die Stadt Kehl angehört, eine Gedenkwoche mit mehreren Veranstaltungen vorbereitet. Am 9. November selber wird Oberbürgermeister Toni Vetrano um 18.30 Uhr am Mahnmal in der Jahnstraße ein Blumengebinde niederlegen; im Anschluss findet in der Sankt-Johannes-Nepomuk-Kirche ein literarisch-musikalisches Gedenken statt. Beginn ist um 19 Uhr.

In der Friedenskirche findet eine Ausstellung mit Werken von Francine Mayran unter dem Titel „Die Shoah und ihr Schatten“ statt. Die Malerin, Psychiaterin und Expertin am Europarat setzt sich künstlerisch mit der Erinnerung an die Shoah, dem Völkermord an Sinti und Roma, an Armeniern, Tutsis und Jesiden auseinander. Sie schuf mehr als 300 Portraits von Opfern, Menschen des Widerstands und der „Gerechten unter den Völkern“. In der Ausstellung, die bis zum 10. November, täglich von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr, in der Friedenskirche zu sehen ist, zeigt sie auch Bilder, die durch die Beschäftigung mit der Reichspogromnacht in Kehl entstanden sind.

Eine Gruppe von Straßburgerinnen und Straßburgern, darunter auch Mitglieder der jüdischen Gemeinde, kommt am Donnerstag, 8. November, um 16.30 Uhr nach Kehl, um gemeinsam mit Kehlerinnen und Kehlern die Stolpersteine in der Innenstadt zu polieren. Friedrich Peter sowie Archiv- und Museumsleiterin Dr. Ute Scherb werden die Gruppe begleiten und in deutscher und französischer Sprache an die grausamen Schicksale der Menschen erinnern, deren Namen auf den Stolpersteinen eingraviert sind. An den Stolpersteinen wird jeweils eine Kerze entzündet. Um 18.27 Uhr fahren die Teilnehmer der Aktion „Erinnern ohne Grenzen“ mit der Tram zurück nach Straßburg. Dort findet um 19 Uhr am Platz der alten Synagoge (Tramhaltestelle Les Halles) eine Gedenkveranstaltung der israelitischen Gemeinde statt. Dieses deutsch-französische Gedenken ist eine großartige Initiative die zeigt, dass (noch) die Vernunft und die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft die Oberhand behalten.

Mit der Finissage der Ausstellung „Die Shoah und ihr Schatten“ endet die Gedenkwoche am 10. November in der Friedenskirche. Dort werden von 15.30 Uhr an Inge Auerbacher und Simone Polak, beide Überlebende des Holocausts, aus ihrem Leben berichten. Künstlerin Francine Mayran wird noch einmal durch ihre Ausstellung führen.

Diese Art der Gedächtnisarbeit verdient Anerkennung und Respekt. In einer Zeit, die wieder einmal vom Gehetze der Nationalisten geprägt ist, die „Deutschland über alles“ stellen wollen, die gegen alle pöbeln, die anders sind, ist es enorm wichtig, dass man Flagge zeigt. Genau so, wie Kehl das tut.

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